Schlechtes Wetter und überall gute Laune auf dem HURRICANE – FESTIVAL
Das Hurricane-Festival im ländlichen Scheeßel hat sich inzwischen einen festen Platz in der Jahresplanung vieler Musikfreunde erarbeitet. Schöne Stunden verbrachte man hier auf der alten Sandrennbahn, sah INXS, bevor Michael Hutchence sich erhängte, Skunk Anansie, bevor sie sich auflösten, Weezer, bevor Rivers Cuomo komplett größenwahnsinnig wurde. Zu schöne Stunden, um sich lange über Naturgesetze wie ständig anziehende Besucherzahlen und Getränkepreise zu erregen.
Auch dieses Mal leckten sich musikalische Gourmets wie Gourmands ob der vierzig Bands auf Haupt- und Zeltbühne in Vorfreude die Finger. Sie rechneten nicht mit dem Rekord von 50 000 Besuchern, der das Motto „Rock you like a Hurricane“ endgültig dem mallorcaesken „Einer geht noch, einer geht noch rein“ weichen ließ. Draußen starren nur Hartnäckige auf etwas anderes als eine Wand von Hinterköpfen und Gastroständen. Zusätzlich zu einem weiteren Bündel vermeidbarer Unbillen bestehen große Teile der Ordnersrhaft aus inkompetenten Vollblutrüpeln. Ob alldem verkommt die Musik selbst oft genug zur reinen Hintergrundberieselung. Wäre das Leben ein Zeichentrickfilm, würde selbst diese noch vom Klingeln der Veranstalterkasse übertönt werden.
Das Publikum hat trotzdem Spaß. Bei gutem Wetter werden schon am frühen Samstagnachmittag selbst kleinere Hausnummern – etwa die Radiorocker von Die Happy – wie Headliner empfangen. Nach acht wird es dann Zeit für die Megaseller.
Auftritt No Doubt. Mag mancher noch den Zeiten hinterhertrauern, als Gwen Stefani & Co. junge, wilde Ska-Punks waren: Anbrennen lassen sie noch immer wenig. Hit folgt auf Hit, ebenso wie bei den allerdings deutlich kühleren Garbage: Sängerin Shirley Manson zeigt jede Menge Divapotential und droht die Show abzubrechen, als ein Ball auf der Bühne landet. Zum Erscheinen der unerwartet rockigen New Order regnet es sich ein. Platschnasse Menschen hindert das aber nicht, sich zu „Regret“ selig den Regen aus den Haaren zu schütteln. Und was wäre schon ein Festival ohne Wolkenbruch.
Am Sonntag scheint wieder die Sonne, doch dank des gestrigen Regens gleicht das Gelände einer Schlammpiste. Für Abseitige ein passender Anlass, sich zum martialischen Gebolze von Soulfly im Matsch zu suhlen.
Abends dann die Queens Of The Stone Age. Verblüffte Frontmann Nick Oliveri im Vorjahr an gleicher Stelle durch einen umjubelten Auftritt im Adamskostüm, kann er sich heute neben einer Hose sogar noch Ex-Nirvana-Drittel Dave Grohl am Schlagzeug leisten. Wieder Jubel.
Es folgt der Showdown: Die Red Hot Chili Peppers auf der Hauptbühne, Tocotronic im Zelt. Zeitgleich. Was soll man nur tun? Wer sich für die Hamburger Schüler entscheidet, wird durch eine glänzend aufspielende Band belohnt, die auch den großen Pop nicht mehr scheut. Nach diesem Fest bleibt den schweißnass und glücklich aus dem stickigen Zelt ins Freie Krabbelnden noch die Gelegenheit die mehr durch Präsenz als Virtuosität beeindruckenden Peppers bei ihren letzten Liedern zu bestaunen. Sie scheinen jedenfalls Spaß zu haben. Dann kommt ein freundlicher Herr auf die Bühne und wünscht sich, dass wir im nächsten Jahr alle wiederkommen. Könnte sein.