Sally Rooneys „Normale Menschen“: Klassenkampf im Millenials-Bett
Ein einfühlsames, komplexes Werk aus der Welt einer Generation, die es immer wieder vermasselt, ihre Emotionen zu kommunizieren. Stattdessen setzen die Millenials auf ein anderes bewährtes Mittel.
Vorab: In diesem Roman geht es nicht um normale Menschen, wie der Titel es suggeriert. Manchmal sehnen sich die Menschen darin nach Normalität, was sie dann gleichsetzen mit Glück – aber Romane, die von „Normalität“ erzählen, sind in der Regel nicht wirklich beliebt.
Sehr beliebt ist hingegen dieses Buch: Im englischsprachigen Raum hat es sich schon mehr als eine Million Mal verkauft. Die 1991 geborene irische Autorin Sally Rooney ist ein Shootingstar der Literaturszene. Sie nennt sich selber Marxistin. In diesem, ihrem zweiten Roman erzählt sie von einem Klassenkampf im Bett.
Marianne wächst in einer reichen Familie in der irischen Provinz auf, Connell bei seiner alleinerziehenden Mutter, die für Mariannes Familie putzt. In der Schule ist Connell beliebt, während Marianne tyrannisiert wird. Als Connell und Marianne miteinander schlafen, verbietet er ihr, von dem Verhältnis zu erzählen – aus Angst um seinen Ruf.
Ansichten einer Quasibeziehung
In Vignetten entfaltet sich Mariannes und Connells gemeinsames Leben, vom Schulabschluss bis zum letzten Uni-Jahr, wobei Rooneys Figuren erst im emotionalen und sozialen Elend aufblühen. Als beide am Trinity College, der Elite-Uni in Dublin, ankommen, verkehrt sich die Hierarchie zwischen ihnen: Hier ist Marianne das Zentrum der sozialen Aufmerksamkeit und Connell kommt nur schwer mit seinen überwiegend reichen Kommilitonen klar.
Daran leidet auch die Quasibeziehung zwischen den beiden, für die Rooney stets nüchterne Worte findet. Am meisten leiden Connell und Marianne aber darunter, dass sie es immer wieder vermasseln, ihre Emotionen zu kommunizieren. Stattdessen vertrauen sie lieber auf flüchtigen Sex.
Ohne einander können sie nicht, aber auch miteinander scheitern sie. Dabei wechselt regelmäßig die Erzählperspektive, sodass man sowohl von Mariannes Leid als auch von Connells Gefühlen erfährt.
Von Alena Struzh