Rufus in der Unterwelt

Im Kampf gegen Drogensucht, Depressionen und die Angst vor Aids schrieb Rufus Wainwright eine Pop-Oper von tragischer Schönheit.

Mitte Juli 2004 in New York. Einer dieser unerträglichen Sommertage, an denen die Klimaanlagen heiß laufen und chlorierte Hallenbadluft in die engen Straßenschluchten pusten. Bedeckter Himmel. Ein kleiner Schauer brachte keine wesentliche Abkühlung. Nur die in einer leichten Brise wippenden Bäume im Central Park lassen für einige Momente die bleierne Atmosphäre vergessen. Auf der Summer Stage von New brks grüner Lunge hat gerade Ben Folds sein Programm beendet Genau in dem Moment, in dem der zweite Star des Abends, Rufus Wainwright, die Bühne betritt und das noch unbekannte „Agnus Dei“ anstimmt, fegt ein starker Wind unter die Bühnenabdeckung. Blitz. Donner. Ein nicht enden wollender Regenguss. Riesengetöse. „Oh my god“, ruft Wainwright in sein unheimliches, sakrales neues Stück – doch niemand antwortet Der Vorhang reißt „Well, if I can’t shock God with my brilliance, maybe I can lull him with my sweetness“, meckert er, als das Unwetter nicht enden will und stimmt „Over The Rainbow“ an.

„Oh Mann, das war eine wunderbare Show. Ein unglaub—liches Gefühl zu sehen, wie viele Leute tatsächlich trotz des Regens einfach stehenblieben“, erinnert sich Rufus Wainwright ein halbes Jahr später in seiner Wohnung im New Yorker East Village. Im Hintergrund braust Christoph Willibald Glucks Oper „Orpheo ed Eurydike“. „Ganz hinreißend“, schwärmt er. „Aber wenn ich dir was von Gluck empfehlen müsste, würde ich ,Armide‘ nennen. Eine prächtige Oper. Wenn man bedenkt, dass Leute wie Gluck sowas in wenigen Monaten für irgendeinen Königshof geschrieben haben, wo dann später eh niemand richtig zugehört hat, ist es umso erstaunlicher, wie tief diese Sachen sind. Das beschämt einen förmlich.“

Beschämt sollten auch wir sein, denn hier zu Lande haben ebenfalls viele Leute nicht richtig hingehört, wenn es um Rufus Wainwright ging. Drei Alben von unglaublicher Schönheit, Opulenz, Tiefe und Trauer lang. „Gerade in Deutschland hat es ewig gedauert, bis mir jemand zuhörte. Ich als Opernfan habe ja Stunde um Stunde damit verbracht, eurer Sprache zu lauschen, ,mein Herz‘, .liebhold‘ – all diese wundervollen alten Wörter. Ich will endlich mal nach Deutschland – vor allem natürlich nach Bayreuth.“ Könnte allerdings schwierig werden mit den Karten, denn das Festspielhaus ist ja schon auf Jahre hinaus ausgebucht „Ich weiß. Aber vielleicht würde es klappen, wenn ich (Pause, hebt die Stimme) ein Nummer-eins-Album hätte.“

Warum eigentlich nicht? Schließlich macht der mittlerweile 31-Jährige trotz geringer Verkaufszahlen eigentlich keine Randgruppenmusik. Es gibt keinen Grund, warum „Gay Messiah“ oder „The One You Love“ vom neuen Album „Want Two“ nicht die Charts anführen sollten (außer vielleicht den, dass sie nicht von Robbie Williams geknödelt werden). „Ich kann diese Musik ja nur machen, wenn ich die finanziellen Mittel habe. Das sind große Produktionen, mit Streichern und Chören und so. Radiotauglicher als auf den letzten beiden Alben kann ich wirklich nicht schreiben. Das sind meine letzten Versuche, die Welt zu erobern – ich meine die Radio-, Fernsehen- und Videowelt. Ich werde alles dafür tun, damit meine Musik die schreienden Teenager erreicht“ Da lacht er mephistophelisch, fast wie sein Vater, der Songwriter Loudon Wainwright IQ, wenn einer seiner Sarkasmen ins Schwarze trifft. „Man muss wissen, was man will und das auch sagen, sonst werden die Entscheidungen von einem Komitee von Schurken für einen getroffen (lacht). Ich war nie ein großer Fan von Madonna, aber wenn du im Showbiz bist, musst du es genau so machen wie sie, wenn es darum geht, das eigene Leben in die Hand zu nehmen und die Karriere unter Kontrolle zu behalten. Wenn du Geld machen willst, musst du eine bitch sein – und du musst dir klar werden, dass, was gerade angesagt ist, morgen Kassengift sein wird. Du musst dich anpassen.“

Man kann nicht behaupten, dass sein Vater oder seine Mutter, die Folkmusikerin Kate McGarrigle, das jemals getan hätten, sich anpassen: „Meine Eltern wurden von der Industrie weit unter Wert verkauft. Das hat mir auch gezeigt, dass man sich nicht zu sehr von ihr abhängig machen darf. Mein Talent ist groß genug, um eine Karriere zu haben wie meine Eltern. Audi ohne die Unterstützung von Plattenfirmen.“

So gelassen war Wainwright nicht immer. Mit Jeff Buckley verband ihn etwa eine Hassliebe. „Ich war verdammt eifersüchtig auf ihn. Er bekam all die Aufmerksamkeit, von der ich dachte, sie gebührte mir und spielte in all den Clubs, in denen ich keine Engagements bekam. Als ich ihn später mal traf, hatten wir einen sehr netten Abend zusammen.“

Auf seinem neuen Album „Want Two“ widmet Wainwright dem kurz darauf im Mississippi Ertrunkenen einen Song – „Memphis Skyline“: „Never thought of hades/ Under the Mississippi/ But still Fve come for to sing for him/ So southern furies/ Prepare to walk for my harp/ 1 have strung and will leave with him.“ – Buckley als die durch einen Schlangenbiss getötete Euridyke und Rufus als Orpheus, der mit seinem Gesang die Furien betört und (vergeblich) versucht, seine Gemahlin so aus dem Reich der Toten zu befreien.

„Durch Jeff Buckley und ihm nachfolgende Sänger und durch Bands wie

Radiohead wurde eine sensiblere und üppigere Stelle in der männliche Stimme freigelegt und auch weitgehend akzeptiert. Eine feminine Seite, wenn man so will. There’s a lot of castratos running around (lacht).“ Auch Glucks Orpheus wurde übrigens ursprünglich mit einem Kastraten besetzt „Ich sehe mich schon in dieser Tradition. Auch wenn ich manchmal versuche, wie ein großer, dunkler Mann zu klingen (lacht). Das hat mich schon als Jugendlicher sehr angetörnt“

Bereits in den 80er Jahren sang Rufus auf den Familienalben der McGarrigles mit, sodass eigentlich früh klar war, welche Richtung der Filius einschlagen würde – auch wenn gerade Vater Loudon, der eine Zeitlang nach der Scheidung von Kate ein sehr gestörtes Verhältnis zu Rufus hatte, sich bei dem Gedanken an einen Sohn, der das gleiche Gewerbe ausübt wie er und somit sein Rivale werden könnte, nicht ganz wohl fühlte. „You’re starting up and I’m winding down/ Ain’t it big enough for us both in this town?“, fragte er schon 1992 in seinem Song „A Father And A Son“, in dem er das Verhältnis zu seinem Sohn aufarbeitet. „I’m going to take you down with one little stone“, singt Rufus elf Jahre später in „Dinner At Eight“, das er nach einem Streit mit seinem Vater, immer noch aufgebracht, schrieb.

„Ich hatte als Kind eine Schürze, die ich sehr liebte. Ich nannte sie mein put it on (lacht). Ich lief damit rum und sang Songs aus ,Wizard Of Oz‘. Es gibt dieses großartige kleine Familienvideo, wo man mich sieht, wie ich durch das W>hnzimmer tanze, und auf der Terrasse am Pool sitzt mein Vater in einem Liegestuhl mit einem Glas Whisky in der Hand und schaut völlig entsetzt (lacht). Ein schwuler Sohn und dazu noch ein weiterer Kandidat fürs Showbiz.“

Von seiner Homosexua—lität erzählte Rufus seinen Eltern mit 14. „Sie wussten nicht so recht, was sie tun sollten. Das war zu einer Zeit, als AIDS gerade ins öffentliche Bewusstsein rückte, und schwul zu sein quasi ein Todesurteil war. Zu der Zeit war ich sehr promiskuitiv für mein Alter, und das führte im Endeffekt dazu, dass ich vergewaltigt wurde. Danach hatte ich sieben Jahre keinen Sex mehr, was vielleicht gar nicht so schlecht war, wo AIDS doch so verbreitet war.“

Sexualität ist ein wichtiges Thema nicht nur in seinen Songs, in denen er mit schwulen Stereotypen spielt und seinem Begehren freien Lauf lässt und sei es in der Person eines jungen Mädchens in dem wundervollen Song „The Art Teacher“ von „Want Two“.

Auch in Interviews wird er immer wieder über den momentanen Status seines Liebeslebens ausgefragt. „Das macht mir nichts aus, ich rede ja gern über Sex und wenn ich mich sexuell befriedigen will, lass ich das die Welt wissen (lacht ziemlich dreckig). Nicht über diese Sachen zu reden, wäre doch sehr un-Rock’n’Roll-ig, oder?“ Aber seine Musik habe ja auch eigentlich keine Berührungspunkte zum Rock’n’Roll, wende ich ein. „Meine Musik nicht, das stimmt, aber meine attitude schon. Ich versuche schon Gegenkultur zu sein: Ich liebe Opern, ich bin schwuL ich bin gebildet (lacht). Was könnte zurzeit mehr Gegenkultur sein? Das ist in den USA, wo alles immer profaner wird, mehr Rock’n’Roll als Rock oder Country. Alles verschiebt sich.“ Die gute alte Dreieinigkeit – Sex, Drugs und Rock ’n’Roll. Rufus Wainwright hat sie fast klischeehaft durchlebt.

Es ist sehr leicht abzustürzen. Gerade in der Homosexuellenszene. Internet, unsavesex und Crystal Meth (unter Homosexuellen beliebte, verschärfte Speed-Variante, auch ICE genannt). Und ich finde es wichtig, das zu thematisieren, denn ich kann immer noch nicht fassen, dass ich da wieder lebend rausgekommen bin. Es ist ein Wunder, dass ich kein AIDS bekam.“

Auf seinem zweiten Album, „Poses“ von 2001, dokumentierte er seinen dekadenten und gefährlichen Lebensstil. „All these poses of classical torture/ Ruined my mind like a snake in the orchard/ 1 did go from wanting to be someone now/ I’m drunk and wearing flip-flops on Fifth Avenue.“

Es folgten starke Depressionen, Drogenentzug – und jede Menge musikalische und textliche Ideen. Hatte er für die Fertigstellung von „Poses“ noch drei Jahre gebraucht, schrieb er jetzt (fast) genügend Stücke für zwei weitere Platten. Pläne, ein Doppelalbum zu veröffentlichen, habe er aber nie gehabt, das sei nur ein Trick gewesen, um die

Plattenfirma dazu zu bringen, zwei Alben in relativ kurzer Zeit hintereinander zu veröffentlichen: „Want One“ ‚erschien 2003, „Want Two“ 2004 in den USA und im März 2005 nun auch offiziell bei uns.“Diese Songs mussten alle raus. Sie haben mein Leben gerettet und dokumentieren die Kämpfe mit meiner dunklen Seite.“

Daher also der Ritter auf dem Cover von “ Want One“!

Ja, der hat sehr viel mit der Story zu tun. Das ist ein sehr maskuliner, direkter und tapferer Ansatz. Ich glaube, der Protagonist dieses Albums ist entweder auf dem Weg in eine Schlacht oder hat gerade eine gewonnen.

Das Cover hat auch was sehr Romantisches…

Es basiert auf den Gemälden von Edward Burne-Jones. Das ist alles sehr märchenhaft, und das war eine Zeitlang sehr wichtig für mich, weil Märchen einem die Hoffnung geben, dass alles gut ausgeht und das Böse besiegt wird.

Und am Ende kriegt der Ritter das aparte Burgfräulein, das man auf dem Cover von “ Want Two“ sieht?

Da seh ich super aus, oder? (lacht) Das Cover basiert auf der Geschichte von der Lady Of Shallot. Die Lady Of Shallot trifft kurz gesagt Sir Lancelot oder sagen wir den Typen von „Want One“ -, der sie vergewaltigt. Sie wird verrückt, flieht und ertrinkt schließlich. Das Cover von „Want Two“ ist also ein bisschen zynischer, aber auch geheimnisvoller. Doch die beiden Alben gehören natürlich schon irgendwie zusammen. Es gibt da ein tolles Interview mit Maria Callas, wo sie gefragt wird, nach welchen Kriterien sie sich für eine Oper entscheide, und sie sagt: Eine Oper muss ein großartiges Ende haben. Und „Want Two“ ist in vielerlei Hinsicht der zweite Akt Es ist auch offener, weniger persönlich und bezieht sich mehr auf die weltpolitische Situation. Wie leben in einer dunklen Zeit George W. Bush sagte doch bei seiner Antrittsrede, eine Macht von hinter den Sternen habe ihn eingesetzt…

Ich sah gestern Condoleezza Rice im Fernsehen. Das ist wirklich die hinterhältigste und angsteinflößendste Person, die man sich überhaupt vorstellen kann. Und ihre Frisur sieht wirklich ein bisschen aus wie ein Kampfhelm aus „Star Ware“.

In dem Gedicht „The Lady Of Shalot“ von Alfred Tennyson geht es ja, soviel ich weiß, darum, dass ein Fluch auf der Dame liegt, der wirksam wird, sobald sie aus dem Fenster schaut. Deshalb nimmt sie die Welt nur über einen Spiegel in ihrem Turmzimmerchen wahr, der auf das Fenster gerichtet ist. Ist das als Kritik daran zu verstehen, dass unser Blick auf die Welt auch kein unmittelbarer ist, sondern ein durch die Medien gespiegelter und gefilterter?

Oh, das war mir noch gar nicht eingefallen. Aber überlass es einem Deutschen, wenn es tiefsinnig wird (lacht). Ist natürlich was dran. Gerade in den USA hat man das Gefühl, dass man von den Medien nur recht unzureichend Family Business: mit Vater Loudon (I.) sowie mit Schwester Martha, Tante Anne und Mutter Kate McGarrigle (v.l.) oder zumindest doch sehr einseitig informiert wird.

Weil man in den USA im Spiegel immer nur sich selbst sieht und nicht die Welt…

(lacht))a. Genau so ist das. Wenn ich wirklich wissen will, was in der Welt los ist und was man dort so über die USA denkt, fahre ich zu meiner Familie nach Montreal.

Doch seine freie Zeit verbringt Rufus trotz allem am liebsten in New York. Und er scheint da ein recht glamouröses Leben zu fuhren. Kaum ein Prominenter, mit dem man ihn noch nicht auf einem Foto gesehen hat: Kate Winslet, Kirsten Dunst, Gwen Stefani – im Übrigen alle bekennende Wainwright-Fans. Elton John interviewte ihn sogar anlässlich der „Want One“-Veröffentlichung für die „New York Times“ und erklärte das Album zu seiner Platte des Jahres.

Außerdem ergatterte Wainwright bereits zwei Rollen beim Film: In Martin Scorseses „The Aviator“ spielt er einen Sänget; in Chris Terrios „Heights“ hat er gar eine kleine Sprechrolle. „Das war alles purer Zufall. Dazu passt ein Satz, den ich neulich in einer TV-Dokumentation über die Medicis gehört

i habe. Das Motto des Patriarchen war: ,Warte, bis du gerufen wirst‘. So steht’s auch mit meiner Schauspielkarriere: Ich warte, bis ich gerufen werde. Ich würde allerdings gerne mal in einem Musical-Film mitspielen. Vielleicht im Sequel zu ,Moulin Rouge‘. Als Bruder von Nicole Kidman, der nach Paris kommt und dort weitermacht, wo sie aufgehört hat Vielleicht klappt’s ja. In New York ist immer noch alles möglich.“ Schließlich sei sein Erstwohnsitz die „schönste Stadt der Welt“. Auch, wenn man sich dort manchmal nicht nur vom Rest der Welt, sondern auch von den USA ziemlich isoliert fühlt „Das Land wird immer konservativer und man kommt sich vor, als sei man eingezwängt zwischen einem Haufen Arschlöcher. Die USA waren mal ein Ort der Angst, jetzt sind sie einer der Rache. New York wurde für diese neue Haltung instrumentalisiert Ausgerechnet die Stadt, die vom Rest des Landes immer heimlich für ihr Anderssein und ihre Liberalität bewundert wurde.“

Der landesweite Ruck nach rechts verschlechterte auch die Stellung der Homosexuellen im Land. George W. Bush äußerte sich mit Berufung auf the greatest cowboy of them all (Sie wissen schon, der hinter den Sternen) gegen die Homosexuellen-Ehe, gegen Kindesadoptionen schwuler Paare und weigert sich immer noch, in seiner Administration gleichgeschlechtlich Liebende einzustellen – obwohl doch der Psychologe CA Tripp unlängst in seinem Buch „The Intimate World of Abraham Lincoln“ enthüllte, Lincoln – 16. Präsident der USA, Gründer der republikanischen Partei und somit Bushs Ahnherr – sei schwul gewesen. „He looked more like a pervert to me“, grummelt Wainwright „aber im Ernst: Es heißt zwar immer, die Terroristen und Osama Bin Laden seien der Feind Nummer eins für die USA. Aber das ist die Inkarnation des Teufels, wenn du so willst, im Unterbewußtsein. Aber was reale Personen angeht, sind es die Homosexuellen – und die Frauen.“

Gleichzeitig waren schwule Künstler von Andy Warhol über Robert Mapplethorpe bis hin zu Acts aus der aktuellen New Yorker Musikszene – etwa die Scissor Sisters und Antony and the Johnsons, auf deren neuem Album „I’m A Bird Now“ Wainwright mitsingt – doch immer eine große Kraft in den USA. „Wir stehen halt enorm unter Druck“, versucht er zu erklären, „And when you ‚re under pressure, you know you gotta perjform (lacht). Aber mal ehrlich: Schwul zu sein ist doch eines der größten Privilegien der westlichen Kultur.

Die Tatsache, dass ich mit Homosexualität gesegnet bin, singen und Songs schreiben kann, stellt mich doch in eine sehr reiche Tradition. Ich glaube, dass etwa noch zu Oscar Wildes Zeiten ein großes Wissen über griechische Mythologie oder römische Geschichte bestand und sich Leute wie er in dieser Tradition sahen. Diese Verbindung ist abgerissen. Ich werde sie wieder aufgreifen – mit educated homosexuality.“

Wainwright gibt Rufus, den Täufer, der den Weg für den „Gay Messiah“ aus gleichnamigem Song von „Want Two“ bereitet, indem er den nach Wilde fallengelassenen Faden der Tradition wieder aufnimmt. Auch all die anderen Rollen in dieser von ihm inszenierten, tragisch schönen Oper übernimmt er selbst den tapferen, um sein Leben kämpfenden Ritter, die spiegelfechtende Lady – und natürlich den Sänger; einen Nachfahren des Orpheus, der in die Unterwelt steigt, um seine Liebe zu retten. Nicht auszuschließen, dass bei ihm – im Gegensatz zum bei Ovid erzählten Mythos – alles gut ausgeht. Vielleicht so wie in Glucks Oper, in der Liebesgott Amor Eurydike in der zweiten und vorletzten Szene des dritten Aktes von den Toten erweckt, bevor Orpheus sich selbst töten kann:

Wie wusste schon Maria Callas: Auf ein großartiges Ende kommt es an.

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