Ron Howard im Interview: „Das Problem ist die menschliche Natur“
„Eden“-Regisseur Ron Howard hat die „Galapagos-Affäre“ von 1934 verfilmt. Ein Interview über toxische Weiblichkeit und das Survival of the Fittest

Mit „Eden“ (Kinostart: 3. April 2025) bringt Regisseur Ron Howard die erstmalige Verfilmung der spektakulären Galapagos-Affäre von 1934 ins Kino. Die Geschichte deutscher Aussteiger, die vor dem Faschismus flüchteten – und von den einige sich auf den Galapagosinseln gegenseitig umbringen. In den Hauptrollen: Jude Law (als Deutscher), Vanessa Kirby, (als Deutsche) Sydney Sweeney (ja, auch Deutsche), Daniel Brühl (sowieso) und Ana de Armas (als Österreicherin!). Ein Gespräch über Nächstenliebe und toxische Weiblichkeit.
„Demokratie führt zu Faschismus führt zu Krieg“, heißt es im Film. Woran denken Sie dabei?
Wir sehen diese Entwicklung in der heutigen Welt. Überall Misstrauen und Unzufriedenheit. Vielleicht würde es im Kleinen schon helfen, „off the grid“ zu gehen, sich von Social Media zu verabschieden. Aber auf eine Insel zu flüchten? Wir sind Menschen. Wir bringen die Gesellschaft, unsere Zivilisation überall mit hin, egal wie entfernt oder paradiesisch eine Insel erscheint.
Sie zitieren Nietzsche: „Empfehle ich dir, deinen Nächsten zu lieben? Ich schlage vor, dass du deinem Nächsten lieber aus dem Weg gehst und diejenigen liebst, die am weitesten von dir entfernt sind.“
Eine Reflexion der Film-Hauptfigur Friedrich Ritter. Ich teile diese Gedanken nicht unbedingt. Aber ich denke, es sagt viel über seinen Charakter aus. Auf der Insel Floreana kollidierten wenige Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verschiedene Denkmuster. Für die Zuwanderer auf der Galapagos-Insel erwies sich vor allem die Natur als Problem. Aber das Problem war nicht die wilde Natur. Sondern die menschliche Natur.
Ron Howard im Interview:
Jude Law spielt Friedrich Ritter als einen richtig deutschen Deutschen. Leidet unter Grübelzwang, leidet unter Schreibblockade, wirft seine Schreibmaschine auf den Boden und hält mit dem Gewehr drauf.
Ja, da darf man auch lachen. Es geht schließlich um Menschen, die extreme Entscheidungen treffen. Jeder, der das Selbstvertrauen hat, oder nennen wir es Arroganz, um diese Art von Aussiedler- Entscheidungen zu treffen, wird wahrscheinlich ein sehr einzigartiger Mensch sein. Vanessa Kirby spielt seine Ehefrau Dora Strauch. Ritter und Strauch praktizierten diese Art von tantrischem Sex, diese Art von Art systematischem Versuch, hochdiszipliniert zu sein, mit der Natur zu leben und eine Art von Strenge zwischen ihnen beiden selbst zu schaffen.
Ana de Armas‘ Figur der Baronin wird von ihrem Geliebten toxisches Beziehungsverhalten vorgeworfen – oft eine Männerdomäne.
Zwei Männer sind ihr deshalb mit kultischer Hingabe verfallen. Eine Umkehrung der Verhältnisse. Normalerweise sieht man in einer Frau, ob es einem gefällt oder nicht, diese Art von Führungspersönlichkeit nicht. Die Baronin Eloise Bosquet de Wagner Wehrhorn war manipulativ. Man kann online noch viel mehr über sie erfahren. Wir zeigen im Abspann echte Aufnahmen, aber es gibt noch viel mehr.
Bietet unsere heutige Welt noch Eskapismus in eine unberührte Natur?
Vielleicht nicht hin zu einem konkreten Ort. Aber es gibt konfessionellen und spirituellen Eskapismus. Der Film schildert ein Aufeinanderprallen von Persönlichkeiten. Aus dem sich ein Krimi entwickelt. Die Figuren stellen sich die Frage: Was gibt uns Kraft, was befähigt uns zu überleben? Sie leben auf der Insel, auf der Darwin zum ersten Mal die Idee vom Survival of the Fittest formulierte! Die Idee vom „Ursprung der Arten“! Das hat eine gewisse Ironie.
Daniel Brühl und Felix Kammerer sind Deutsche. Warum haben Sie die anderen Rollen nicht mit Deutschen besetzt?
Mit Daniel habe ich 2013 „Rush“ gedreht, er spielte Niki Lauda. Ich sagte zu ihm: Für die Rolle in „Eden“ bist du noch ein bisschen zu jung. Aber wenn ich „Eden“ machen darf, werde ich dich fragen. Von Felix war ich in „Im Westen nichts Neues“, den Daniel co-produzierte, begeistert. Ich war nicht auf der Suche nach Nationalitäten, sondern Schauspielern, von denen ich dachte, dass sie dem Film Ehrlichkeit verleihen könnten.