ROLLING STONE wird 20. Unsere Helden, Teil 17: Bono
Wir werden 20! Und starten mit einer Serie ins Jubiläumsjahr – über 20 Helden, die uns in den vergangenen 20 Jahren wichtig waren. Teil 17: Bono. Ein Porträt von Birgit Fuß
Wie viele richtige Rockstars gibt es noch? Menschen, zu denen jeder weltweit eine Meinung hat, sobald man ihren Namen sagt. Typen, die sofort die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn sie den Raum betreten. Leute, die keinen Nachnamen brauchen. Einer von ihnen ist natürlich Bono. Dabei hatte Paul Hewson gar nicht die Anlagen, die so ein Rockstar eigentlich braucht. Er sehe aus wie ein stämmiger Handwerker, sagte der heute 54-Jährige in einer selbstkritischen Minute. Von denen hat er viele, zu viele vielleicht. Ende der 70er-Jahre wollten sich U2 noch vor ihrem Durchbruch wieder auflösen, weil sie befürchteten, der katholische Glauben ließe sich schlecht mit dem Musikerleben vereinbaren. Ein Dutzend Alben später sind wir alle schlauer.
Doch bei Bono blieb der Zweifel ein essenzieller Teil seiner Persönlichkeit. Auf der Bühne spielt er gekonnt mit der Kamera und dem Publikum. Als Anwalt der Armen spricht er mit Politikern und anderen Wichtigheimern und gibt sich als einer von ihnen aus. Aber im Studio sieht man den wahren Bono hinter seiner Sonnenbrille hervorblitzen. Die Sonnenbrille, das klassische Rockstar-Accessoire! Bono trägt sie, weil er so lichtempfindlich ist – angesichts der oft auf ihn gerichteten Scheinwerfer und Blitzlichter ungünstig. Seine Modelle sind immerhin nicht blickdicht, sodass man durchaus die Augen erkennt, wenn man ihm gegenübersitzt.
Seit sie dank „The Joshua Tree“ und „Achtung Baby“ zur größten Band der Welt wurden, geben U2 nur wenige Interviews. Der deutsche ROLLING STONE durfte sie einmal in Dublin besuchen, 2004, im Studio am Hanover Quay. Wer den Sänger als selbstgerechten Gutmenschen abtun mag, findet dafür sicher Beweise, vor allem in den späten 80er-Jahren; wer etwas genauer hinschaut, sieht allerdings einen Mann, der nur versucht, das Richtige zu tun. Das
Erstaunlichste aber: Im Bandgefüge ist Bono einfach einer von vieren.
Bei den Aufnahmen übernimmt oft „mad professor“ The Edge die Regie, und auch Bassist Adam Clayton und Drummer Larry Mullen Jr. haben dezidierte Meinungen. Sie sorgen schon dafür, dass der Kerl, mit dem sie seit der Schulzeit befreundet sind, nicht völlig abhebt. Zumindest nicht dauerhaft.
Und im Interview? Da hat Bono gern Mullen neben sich sitzen, der zwar wenig redet, aber seinem Kumpel sofort zur Seite springt, wenn der ausnahmsweise mal nicht weiter weiß. Bono bestimmt mit raumgreifenden Gesten und messerscharfer Eloquenz das Gespräch, doch er ist keine dieser Antwortmaschinen, zu der Musiker nach Jahrzehnten im Geschäft häufig mutieren. Bono windet sich, er überlegt, er guckt den Fragenden direkt an, und er macht es sich selbst nie zu leicht.
Noch in diesem Jahr soll es ein neues U2-Album geben, sie arbeiten schon viel zu lange daran, seit 2009. Diese vier dickköpfigen Iren wollen nun mal den Deal einhalten, den sie vor Langem mit ihrem Publikum geschlossen haben: „Sie geben uns ein außergewöhnliches Leben, im Gegenzug müssen wir ihnen außergewöhnliche Musik geben. Wenn wir damit aufhören, hören sie auch auf.“ So weit soll es nicht kommen.
Cover 3
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