ROLLING STONE hat gewählt: Die Alben des Jahres 2023
ROLLING STONE blickt zurück auf das Musikjahr 2023 – und wählt die 50 besten Alben des Jahres.
Caroline Polachek
Desire, I Want To Turn Into You
Wie hell Pop strahlen kann! Als Performerin wie als Produzentin hat Caroline Polachek Hunderte Ideen, und sie sind auch noch alle gut. Ein Banger nach dem anderen. Auf ihrer Insel möchte man stranden.
Jessie Ware
That! Feels Good!
Disco und House mit Tempowechseln – nicht ohne Charts-Ambitionen. Tauglich auch für eine Revue in Las Vegas. Und nebenbei kann man der 39-jährigen Londonerin bei der Diva-Werdung zuhören.
Robert Forster
The Candle and The Flame
Nach der Krebsdiagnose seiner Frau Karin rückten Robert Forster, seine Familie und einige Freunde eng zusammen, um dieses bewegende Zeugnis einer Liebe aufzunehmen. Ein kleines großes Album.
King Krule
Space Heavy
Der kriechende, karge, mäandernde King-Krule-Sound in Perfektion. Archy Marshall ist ein Solitär, dessen grummelnde, irgendwo zwischen Jazz und Rock zäh fließende Musik kaum Vorbilder oder Konkurrenz kennt.
Charlotte Brandi
An den Alptraum
Zwischen NDW-Pop und Folk Music, Jazz und Madrigal findet Charlotte Brandi ihre Sprache und erschafft ein rätselhaftes, entrücktes, sarkastisches, manchmal auch überirdisch fröhliches Meisterwerk.
Rodney Crowell
The Chicago Sessions
Im Loft von Wilco hat der Americana-Meister mithilfe von Jeff Tweedy dieses entspannte, aber nicht gediegene Alterswerk aufgenommen. Country-Rock, Honkytonk, Blues, Pop und Torch Song gehen Hand in Hand. Und wie immer bei Crowell überragen die Balladen. Das finale „Ready To Move On“ ist eine Predigt ohne Gott, eine Liste letzter Worte: „Let my memberships expire/ Read ‚Don Quixote‘ by the fire.“ (MG) Bester Song: „Ready to Move On“
Olivia Rodrigo
Guts
Der perfekte Coming-of-Age-Soundtrack mit Olivia Rodrigo in der Rolle des manisch-depressiven Teenagers: Mit Punk-Pop wehrt sie sich gegen Gender-Stereotype („All-American Bitch“), in Rants rechnet sie mit dem Ex ab („Get Him Back!“), mit Indie-Pop-Hymnen vertont sie Unsicherheiten („Pretty Isn’t Pretty“), und in der Ballade „Vampire“ beschert sie uns den besten Reim des Jahres: „Bloodsucker! Famefucker!“ (GR) Bester Song: „Pretty Isn’t Pretty“
Margaret Glaspy
Echo the Diamond
Auf ihrem dritten Album legt die Amerikanerin jede Zurückhaltung ab, ihre wuchtige Gitarre und die nagende Stimme fordern volle Aufmerksamkeit. Die meisten Songs hat Margaret Glaspy – mit etwas Hilfe ihres Partners Julian Lage – in einem Rutsch aufgenommen, leichtfertig klingen sie dennoch nie, sondern ganz schön klug und auch mal wütend. Wer mehr über den komplexen „Female Brain“ wissen will, ist hier richtig. (BF) Bester Song: „Act Natural“
Jerry Leger
Donlands
Der unheimliche, dunkel romantische Vibe von Roy Orbisons „In Dreams“ und Bob Dylans „Time Out Of Mind“, an dem „Donlands“-Produzent Mark Howard mitwirkte, bestimmt die Lieder des kanadischen Songwriters Jerry Leger auf seinem bisher besten Album. Eine dieser Platten, die man auflegt, wenn man spätabends heimkommt, und die einem am nächsten Morgen noch wie ein surrealer Traum im Kopf herumspuken. (MB) Bester Song: „Three Hours Ahead of...“
Jason Isbell and The 400 Unit
Weathervanes
Es gibt in Nashville gerade niemanden, der so gekonnt die Stimmung im Lande (zumindest unter Demokraten) auffängt und in berührende Songs packt, die längst über Country/Americana hinausgehen. Jason Isbell macht auch auf seinem neunten Soloalbum zutiefst amerikanische und doch universelle Rockmusik: Vergangenheitsbewältigung ohne Nostalgie, scharfe Gegenwartsbeobachtungen – und ein wenig Hoffnung. (BF) Bester Song: „Deathwish“