ROLLING STONE hat gewählt: Die 500 besten Alben aller Zeiten
Der deutsche ROLLING STONE hat ein neues Ranking der 500 besten Alben aller Zeiten aufgestellt
The Beach Boys
Pet Sounds
Capitol, 1966
„We’ve evolved 800 percent in the last year“, hatte Brian Wilson errechnet. Tatsächlich konnte der Evolutionssprung von „Barbara Ann“ zu „Good Vibrations“ binnen eines knappen Jahres nicht gewaltiger sein. Und dazwischen lag sein Opus magnum, ein Beach-Boys-Album, das mehr war als die Summe von Hitsingles. Ein künstlerisches Statement, hochambitioniert, über Monate ertüftelt und perfektioniert vom begnadeten Musikus.
Kein radikaler Bruch mit der Bandtradition allerdings, denn das größte Pfund, mit dem Brian zu wuchern verstand, blieb die überragende Gesangsleistung des Quintetts. Auf den Schwingen dieser Harmonies trafen seine Songs sicher ihr Ziel, nicht konzeptionell befrachtet und doch klug eingebunden in den Rahmen eines Gesamtwerks.
Eingangs bekennt sich „Wouldn’t It Be Nice“ zu unkeuschen Träumen, verschiebt deren Erfüllung aber auf ein späteres Ehegelöbnis. Das Plädoyer für jugendliche Enthaltsamkeit schoss in die US-Single-Charts, während im UK die Rückseite reüssierte, ein feierlicher Liebesschwur für die Ewigkeit: „God Only Knows“.
Soulsearching betreibt der von Selbstzweifeln geplagte Songwriter auf „I Just Wasn’t Made For These Times“, das melodisch robust gesponnene Seemannsgarn „Sloop John B“ erschien manchem Fan indes eher als Fremdkörper auf einer LP, deren Rezeptionsgeschichte ohnehin alles andere als linear verlief.
„Pet Sounds“ hatte zwar von Anfang an begeisterte Fürsprecher, darunter auch etliche Musikerkollegen, aber Brian Wilson musste Jahre warten, bis sein Geniestreich auch in Kritikerkanons endlich die gebührende Anerkennung fand.
(WOLFGANG DOEBELING)