ROLLING STONE hat gewählt: Die 500 besten Alben aller Zeiten
Der deutsche ROLLING STONE hat ein neues Ranking der 500 besten Alben aller Zeiten aufgestellt
Nina Simone
Sings The Blues
RCA Victor, 1967
„Mr. Backlash“, singt Nina Simone im „Backlash Blues“, „du behandelst uns wie Menschen zweiter Klasse und schickst unsere Söhne nach Vietnam, aber deine Stunde, weißer Mann, hat geschlagen.“ Militant, entschlossen, nicht mehr zu besänftigen, schlägt sie dazu die Akkorde an.
Tori Amos
Under The Pink
Mit ihrem zweiten Album etablierte sich Tori Amos schon als große Songschreiberin. Ihr „Cornflake Girl“ kam fast in die amerikanischen Top Ten. Mit Streichern spielte die Sängerin immer gern, doch ihre zarten bis wilden Stücke brauchten eigentlich nur sie und ein Klavier.
The Chemical Brothers
Dig Your Own Hole
Freestyle, 1997
Die Erfindung von Stadion-Techno. Eine Rave-Signal-Liga mit The Orbital, Prodigy oder Underworld. Was einst DJ-basiert in Kellerclubs bollerte, mutiert ins Bandformat. Das Big-Beat-Duo Tom Rowlands und Ed Simons zieht und zerhackt Ideen aus der Psychedelia.
Neutral Milk Hotel
In The Aeroplane Over The Sea
Merge, 1998
G-Dur, E-Moll, C-Dur, D-Dur, so beherzt geklampft, dass die Mikrofone knacken. Dazu Posaunen und Trompeten auf einem Trauermarsch und Jeff Mangum, der surreale Gedichte über das Schöne und Schreckliche, das Fleischliche und Jenseitige bellt.
Whitney Houston
Whitney
Arista, 1987
Nie war das Stimmwunder besser als auf dieser quintessentiellen Eighties-Platte. „I Wanna Dance With Somebody“ singt sie so, als würde sie schon längst tanzen. Wer könnte dieser vor Charme und Charisma strahlenden Pop-Soul-Queen einen Tanz verwehren?
Cream
Disraeli Gears
Atco, 1967
Der Einfluss des Produzenten Felix Pappalardi wird deutlich. Er hilft der Supergroup, den Blues des Debüts in Richtung Psychedelic zu erweitern. Eric Clapton zapft endlich sein Potential als Songwriter an („Strange Brew“!) und macht sich mit dem Wah-Wah-Pedal vertraut.
The Beach Boys
Smiley Smile
Capitol, 1967
Brian Wilsons Meisterwerk, seine „teenage symphony to God“, war an der Psyche ihres Schöpfers und den Widerständen der anderen Beach Boys gescheitert. Die prächtigen Scherben kehrte man inklusive der Singles „Good Vibrations“ und „Heroes And Villains“ zu „Smiley Smile“ zusammen.
Betty Davis
They Say I’m Different
Just Sunshine, 1974
Die zweite Platte der fulminanten Soul-Sängerin, die kurze Zeit mit Miles Davis verheiratet (und womöglich für seine Neuorientierung um 1968 verantwortlich) war. Die Songs formulierten scharf Zeitgeist sowie schwarzes und weibliches Selbstbewusstsein.
Black Sabbath
Black Sabbath
Vertigo, 1970
Donnergrollen, Kirchenglocken und der teuflische Tritonus als kriechendes Schlepper-Riff: Mit dem Titeltrack ihres Debüts eröffnen Black Sabbath der Welt die Geburt von Heavy und Doom Metal. Ein Album wie ein Hammer-Horror-Film, noch dazu an einem Freitag, den 13., veröffentlicht.
The Fall
This Nation’s Saving Grace
Beggars Banquet, 1985)
Das Album, auf dem The Fall plötzlich Pop wurden. Na ja, fast. Mark E. Smiths singende Ehefrau Brix gibt den Suaden ihres Gatten Struktur, die Band zeigt, dass sie mehr kann als wüten. Und wenn Smith singt, er sei der sanfte Can-Vocalist Damo Suzuki, glaubt man ihm fast.
2Pac
All Eyez On Me
Death Row/Interscope, 1996
Das erste Doppelalbum in der Rap-Geschichte. Labelchef Suge Knight von Death Row wirkt als Executive Producer. Zentrales Werk des US-HipHop der 1990er. Platz 1 in den US-Charts. AllMusic nennt es ein Opus magnum. Gastbeiträge von The Outlawz und Snoop Dogg.
Joni Mitchell
Don Juan’s Reckless Daughter
Asylum, 1977
Jede Facette von Mitchells komplexem Schaffen findet sich auf dieser ambitionierten Platte, die zugleich über das bisherige Werk hinausweist. Das epische „Paprika Plains“ ließ den auf dem Totenbett liegenden Charles Mingus nach ihr rufen.
King Crimson
Larks’ Tongues In Aspic
Island, 1973
Eine römische Dekadenz-Speise, diese Lerchenzungen, aber eine Delikatesse. Guter Titel für ein Album, das mit den ersten beiden Teilen des Titeltracks das Großartigste bietet, was die Band schuf. Abgeklärter, kühler waren sie geworden. Und leichter: „Easy Money“ ist Pop.
Serge Gainsbourg & Brigitte Bardot
Bonnie And Clyde
(Fontana, 1968)
Das Album enthält einige der süffigsten Popsongs der B.-B.-Phase, ist dabei charmanter und eingängiger als das Meisterwerk „Histoire de Melody Nelson“ mit Jane Birkin. Das Video zum Titelsong ist fast so cool wie der gleichnamige Film.
Metallica
Ride The Lightning
Megaforce, 1984
Bei „Fade to Black“ und „For Whom The Bell Tolls“ beginnt die sukzessive Kommerzialisierung. Auf einmal kann James Hetfield richtige Melodien singen, und die Gitarren üben sich in orchestriertem Schönklang. Aber noch überwiegt Gebolze.
Genesis
Selling England By The Pound
Charisma, 1973
Das fünfte Album verbindet das Beste aus allen Genesis-Welten: Folkloristisch-Versponnenes, Prog-Rock-Komplexität, Tony Banks’ Präludien, Peter Gabriels epische Erzählungen, Pathos und Pop-Ambitionen. Mitreißender als „Firth Of Fifth“ wurde es nicht mehr.
Jackson Browne
Running On Empty
Asylum, 1977
Die berühmteste Platte des kalifornischen Sensualisten. Während einer Amerikatournee in Bussen und Hotelzimmern aufgenommen, handelt das Album vom Unterwegssein. Songs wie „The Road“ und „Running On Empty“ beschreiben Monotonie und Alltag.
The Rolling Stones
Some Girls
Rolling Stones, 1978
Nie zuvor und nie danach hat die Band den musikalischen Zeitgeist (hier: zwischen Punk und Disco) so genuin ins eigene Werk übersetzt. Dazu so unterschiedliche Premium-Songs wie „Beast Of Burden“, „Faraway Eyes“ und ihr bestes Soul-Cover, „Just My Imagination“ von den Temptations.
Somewhere in Time
EMI, 1986
Das einzige Metal-Album, bei dem der Einsatz von Gitarren-Synthesizern nicht zur Zahnlosigkeit führte. Dank der erlesenen Kompositionen von Adrian Smith, der sich hier als Songwriter emanzipierte, wurde es nicht in der Szene verschmäht.
Ja, Panik
DMD KIU LIDT
Staatsakt, 2011
Fünf Burgenländer im Berliner Exil. Sie sind Velvet-Underground-Epigonen, die sich gegen das falsche Leben verschwören und Manifeste verfassen. Mit Lösungsvorschlägen wie „Save the planet, kill yourselves“ setzen sie ein Zeichen. „Nevermind“ ist das ewige Denkmal dieser Gruppe.
M.I.A.
Kala
XL/Interscope,
Mit einem MacBook und einem Mikrofon reiste M.I.A. durch Westafrika, die Karibik, Indien und Australien. Sie nahm auf, sampelte und schuf ein originelles Fusion-Album. Ein energetischer Agitprop-Rave, der wie jedes Land der Welt klingt.
Deftones
White Pony
Maverick, 2000
Mit ihrem dritten Album emanzipierten sich die Kalifornier vom Nu-Metal-Stigma und betraten Alternative-Terrain. Einflüsse von Post- und Art-Rock, TripHop und Shoegaze sind erkennbar. Zu Gast sind Maynard James Keenan (Tool) und Scott Weiland (Stone Temple Pilots).
Pink Floyd
The Gates Of Dawn
EMI, 1967
Während Pink Floyd live das Riff von „Interstellar Overdrive“ endlos jammten, dokumentiert dieses konzise Debüt dank Produzent Norman Smith Syd Barretts kurze Blüte. Er war ein sensibler Autor zwischen kindlicher Regression und LSD-Offenbarung: Syd in Wonderland.
PJ Harvey
The City, Stories From The Sea
Island, 2000
Das fünfte Album von PJ Harvey klingt wie ein Neustart. Die Songs leuchten und streben gen Himmel wie die Wolkenkratzer von Manhattan. Ein Besuch in New York City vertrieb die dunklen Geister des ebenfalls berühmten Vorgängers, „Is This Desire?“.
Television
Television
Capitol, 1992
Ein letztes Aufbäumen, nachdem 1978 viel zu früh Schluss war. Die Gitarren-Architektur von Verlaine und Lloyd bleibt auch 14 Jahre nach ihrem Jahrhundertalbum faszinierend unergründlich. Die Songs sind exquisit vertont, klingen verschattet und sind herzerwärmend nostalgisch.
The Gun Club
Fire of Love
Ruby, 1981
Robert Johnson auf Speed, eine brennende Voodoo-Puppe von Hank Williams, ein Höllenblues und ein Highway voller Geister. Das Debüt von The Gun Club ist eine diabolische Verbindung aus Punk und Americana, Jeffrey Lee Pierce der Missing Link zwischen Jim Morrison und Kurt Cobain.
Sun Ra
Lanquidity
Philly Jazz, 1978
Hier biegt der kosmische Jazzreisende Sun Ra doch noch kurz zur Erde ab und nimmt ein paar Signale der beliebten Fusion auf, als wäre er Miles Davis. Doch selbst zwei Gitarren können den Kurs Richtung Saturn nicht ändern: Auch im damals zeitgenössischen Kleid klingt das Arkestra ewig.
Herbie Nichols Trio
Herbie Nichols Trio
Blue Note, 1956
Man fragt sich, warum der New Yorker Jazzpianist und Komponist von „Lady Sings The Blues“ Herbie Nichols so lange unentdeckt blieb. Auf diesen Live-Aufnahmen hörten die meisten erst nach seinem Tod, wie einzigartig er Modern, Dixieland und Karibisches kreuzte.
Gang Of Four
Entertainment!
EMI, 1979
Hegel-Zitate, Feedback und neomarxistischer Funk-Punk aus Leeds. Das Quintett in Oberhemden kreist um die Stakkatogitarre des 2020 verstorbenen Andy Gill. Ihre schroffe Dub-Ästhetik in Songs wie „Ether“ macht sie zu den Onkels von Franz Ferdinand oder The Rapture.