ROLLING STONE hat gewählt: Die 500 besten Alben aller Zeiten

Der deutsche ROLLING STONE hat ein neues Ranking der 500 besten Alben aller Zeiten aufgestellt

13

Joni Mitchell

Blue

Reprise, 1971

Anders als einige ihrer männlichen Kollegen pflegt Joni Mitchell keine Kultur der Wehleidigkeit. Die von Elvis Costello geprägte „’Fuck me, I’m sensitive‘ Jackson Browne school of seduction“ hat sie zwar besucht, aber schnell wieder verlassen. Auf ihrer vierten Platte betritt sie eine Ebene, auf der Herz und Intellekt eins werden. Vielleicht glühen diese Songs deshalb länger nach als die vieler Bekenntnisalben jener glorreichen Songwriter-Ära.

Abgesehen davon, dass Mitchell mit „Blue“ neue, teils bis heute unerreichbare Standards in Sachen Phrasierungskunst und Originalität auf diversen Saiteninstrumenten setzte, rauben einem die zehn Stücke auch nach unzähligem Hören den Atem. Kaum jemand hat so befreit über die Liebe geschrieben, niemand so befreiend über die Suche nach dem wahrhaften Gefühl gesungen.

Joni Mitchell, 1977

Mindestens die entwaffnende Selbstverortung „All I Want“, das zärtliche „Little Green“, der elegische Titelsong und die Heimweh-Ode „California“ gehören zum Besten, was die Kultur Nordamerikas hervorgebracht hat. Aber es sind „River“ und „A Case Of You“, mit denen man nicht fertig wird: die schale Harmonie der anderen, ein Abschiedsschmerz, eine Seelenverwandtschaft, das blaue Leuchten des Fernsehers und eine Karte von Kanada.

(MAX GÖSCHE)

Richard E. Aaron Redferns
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