ROLLING STONE hat gewählt: Die 500 besten Alben aller Zeiten
Der deutsche ROLLING STONE hat ein neues Ranking der 500 besten Alben aller Zeiten aufgestellt
The Notwist
Neon Golden
City Slang, 2002
"This is all I know, sitting still to watch the engines come and go": Zwischen Kammerpop, Jazz und Britpop changieren die Koordinaten auf dem vielleicht anrührendsten Album der Weilheimer. Spinnereien aus dem Werkzeugkasten als musikalische Suche nach der verlorenen Zeit.
Leonard Cohen
Songs Of Love And Hate
Columbia, 1971
Er habe bei den Aufnahmen an Depressionen gelitten, so Cohen, das erkläre die Düsternis und den Mangel an Distanz in "Avalanche" oder "Famous Blue Raincoat". Paul Buckmasters dichte Arrangements sorgen für ein kongeniales Klangerlebnis.
The Modern Lovers
The Modern Lovers
Beserkley, 1976
Diese verspätete Veröffentlichung von 1971/72 schmucklos hingeschleuderten Demos der ersten Band des besessenen Velvet-Underground-Fans Jonathan Richman fand über die Jahrzehnte ihre historische Bestimmung als prägender Urtext sämtlicher "naiver" Indie-Bands.
Suicide
Suicide
Red Star, 1977
Retrofuturismus starts here: Das New Yorker Duo Alan Vega/Martin Rev kreuzte Rockabilly mit Synthesizer und klang, als würde man in eine Eistruhe mit Kurzschluss schauen. Damals war das Suicide-Debüt (sieben Songs in 31 Minuten) ein Ladenhüter, heute ist es längst Weltkulturerbe.
The Breeders
Last Splash
4AD, 1993
Das Nebenprojekt von Pixies-Bassistin Kim Deal wird zu ihrem Hauptjob. Ein beständiges Indie-Meisterwerk, überschäumender Pop-Rock. Die Electro-Hexer Prodigy verwenden ein Sample für ihren Superhit "Firestarter". Das Video zu "Cannonball" drehen Spike Jonze und Kim Gordon.
Rodriguez
Cold Fact
Sussex, 1970
Wegen Spannungen im Studio und schlechtem Marketing hat der Musiker aus Detroit mit „Cold Fact“ zunächst keinen Erfolg. Doch in Südafrika bildet sich ein Hype, Songs wie "Establishment Blues" werden zu Anti-Apartheid-Hymnen. Ein Dokufilm beschert Sixto Rodriguez 2012 ein Comeback.
Björk
Post
One Little Indian, 1995
So offen und so frei, so bunt und vielfältig, so experimentell und mutig, so postmodern und idiosynkratisch, wie ihr zweites Album klang, musste man 1995 davon ausgehen, dass Björk uns den Pop der fernen Zukunft brachte. Doch diese ist leider bis heute nicht eingetreten.
Pearl Jam
Vs.
Epic, 1993
Nach ihrem Debüt, „Ten“, gelang Pearl Jam das fast Unmögliche: ein großartiges zweites Album, trotz des Drucks und der fehlenden Zeit, trotz Grunge-Hype und allem anderen. Sie zogen etwas die Handbremse an, aber schafften dennoch ein Dutzend beeindruckender Songs.
The Zombies
Odessey And Oracle
CBS, 1968
In melancholische Mellotron-Klänge und Chöre getränktes Glanzstück des britischen Baroque Pop. Beginnt perfekt mit der grazilen Gefängnisballade „Care Of Cell 44“ und endet ebenso mit „Time Of The Season“, der klingenden Definition von „Groovy, baby“.
Tom Petty
Wildflowers
Warner, 1994
Ja, es ist gut, König zu sein, und sei’s nur für einen Tag. Hier ist Tom Petty auf dem Songwriter-Zenit, umspielt von lang Vertrauten und neu Anvertrauten (Steve Ferrone). "You were so cool back in high school, what happened?" So was kann und darf nur ein König fragen.
Dusty Springfield
Dusty In Memphis
Atlantic, 1969
Ein hinreißendes, hochklassiges Album der britischen Soul-Diva, aufgenommen in Memphis und New York. "Son Of A Preacher Man" kam in den Billboard Hot 100 auf Platz 10, das Album floppte aber zunächst beiderseits des Atlantiks und wurde erst Jahre später kanonisiert.
Red Hot Chili Peppers
Blood Sugar Sex Magik
Warner, 1991
In den Achtzigern versuchten die Red Hot Chili Peppers vergeblich, ihre unbestreitbare Energie auf einem Album zu bündeln. Es brauchte Rick Rubin. Mit dieser wilden Mischung aus Rap, Funk und Rock prägten sie das kommende Jahrzehnt fast wie Nirvana.
Sly And The Family Stone
There’s A Riot Goin’ On
Epic, 1971
Der Idealismus, die Aufbruchsstimmung und die Kampfeslust der frühen Sly-And-The-Family-Stone-Meisterwerke kippt hier in Zynismus und Dekadenz. Desillusioniert und egomanisch führt Sly Stone in seine persönliche Dystopie. Der narkotische Groove ist unwiderstehlich.
Billie Holiday
Lady In Satin
Sony Legacy, 1958
Im Studio trank die Sängerin Wodka, als wäre er Wasser. Ihre Stimme, eines der schönsten Instrumente des 20. Jahrhunderts, hatte massiv gelitten. Doch der Kult des Kaputten greift nicht: "Lady In Satin" ist der Triumph großer Kunst über die Grenzen des Körpers.
Young Marble Giants
Colossal Youth
Rough Trade, 1980
Das Trio aus Wales hinterließ nur ein Album mit minimalistischem Pop, der mit den Jahrzehnten immer einflussreicher wurde. Ein Klopfen, ein Basslauf, eine Keyboardmelodie und dazu der zarte Gesang, der mal Paisley-Kleider, mal Anzüge tragenden Alison Statton.
Kraftwerk
Autobahn
Kling Klang, 1974
Krautrock ohne lange Haare und Patschuli. Kein Hasch mehr nötig. Treibende Rhythmik, aber mit sehr smarten Typen. Düsseldorf statt Kreuzberg. Nicht Neu!, aber zeitlos. Alle klugen Bands bewundern Kraftwerk, immer noch. "Autobahn" ist die ausgestorbene coole Bundesrepublik.
Pulp
Different Class
Island, 1995
Die Band um Jarvis Cocker kreierte ein Konzeptalbum über das britische Klassensystem, war sich dabei aber auch bewusst, auf dem Höhepunkt der von Oasis und Blur dominierten Britpop-Ära eine Klasse für sich zu sein. "Common People" wurde und blieb ihr größter Hit.
Nas
Illmatic
Columbia, 1994
Das Debüt von Nas ist ein mit poetischem Genius und dokumentarischer Präzision gefertigtes Selbstporträt eines schwarzen Teenagers auf den Straßen von Queens/NY. Mit Hilfe von u. a. DJ Premier, Pete Rock und Q-Tip setzte das Album Maßstäbe für alle künftigen HipHop-Produktionen.
Vampire Weekend
Modern Vampires Of The City
XL, 2013
Gibt es ein anderes Album, das so überbordend experimentell ist und zugleich so catchy? Kein Moment, der nicht überrascht. Zum ersten Mal dringt Dunkelheit durch. Ezra Koenig, unterm Kronleuchter gefangen, bedauert das Verstreichen der Zeit.
Rosalía
Motomami
Columbia, 2022
Ihr Mix aus traditionellen Flamenco-Elementen und zeitgenössischem (Electro-)Pop verschiebt unsichtbare Grenzen: Rosalía hat mit "Motomami" eine Brücke zwischen katalanischer Tradition und Moderne geschlagen, bei der auch Feminismus und soziale Gerechtigkeit ihren Platz bekommen.
Simon & Garfunkel
Bridge Over Troubled Water
Columbia, 1970
Das finale Meisterwerk des Duos. Der Titelsong offenbart die hinreißendste Vokaldarbietung, die man je von Garfunkel gehört hat. Auch "The Boxer", "El Condor Pasa" und "Cecilia", Simons erster Ausflug in die Weltmusik, wurden Klassiker.
Nirvana
In Utero
DGC, 1993
Der halbe Ruhm für "In Utero" gebührt Produzent Steve Albini. Als Handwerker des Underground und Pop-Hasser holte er die Band aus dem Rockstarhimmel zurück in die Garage, ließ sie ruppig, aber auch körperreich, wie ein Raubtier klingen. Hier lieben glamouröse Hooklines den Lärm.
The xx
xx
Young Turks, 2009
Beinahe hypnotisch wechseln sich die isolierten Stimmen von Romy Croft und Oliver Sim ab, die über den minimalistischen Indie-Rock-Kompositionen liegen. "xx" ist ein Lehrstück, denn es beweist allen, die nur im großen Brimborium Gänsehautmomente vermuten: Sparsam ist oft besser.
Hildegard Knef
Knef
Polydor, 1970
Das dritte und beste Album, das Hildegard Knef mit dem Komponisten Hans Hammerschmid aufnahm. Statt traditioneller Chansons und Schlager arrangierte er psychedelische Sounds um den Sprechgesang der "größten Sängerin ohne Stimme", wie Ella Fitzgerald die Knef nannte.
The Jesus And Mary Chain
Psychocandy
Blanco y Negro, 1985
Eine Wall of Rückkopplungen und dahinter die himmlischsten Melodien. Die Geister von The Velvet Underground und den Ronettes in einem Raum. "Psychocandy" ist ein Gründungsdokument des Shoegaze und weist den Weg in die Retro-Seligkeit des Britpop.
PJ Harvey
To Bring You My Love
Island, 1995
Dass PJ Harvey die größte britische Musikerin der letzten 30 Jahre ist, sollte sich herumgesprochen haben. Ein Genie des Wesentlichen. Angezerrte Gitarrentöne, eine versteckte Hi-Hat und eine Stimme, die tausend Liebesgedichte und feministische Kampfschriften ersetzt.
Frank Sinatra
In The Wee Small Hours
Capitol, 1955
Ava Gardner hatte ihn verlassen, Frank Sinatra schoss mit der Pistole auf ihr Foto und schwor, sich nie wieder zu verlieben. Dann nahm er mit Arrangeur Nelson Riddle diese olympische Sammlung von Songs aus dem Great American Songbook auf, die das LP-Format etablierte.
King Crimson
In The Court Of The Crimson King
Island, 1969
Brachial hymnt sich das Mellotron durch das Album, das andererseits eine Fragilität besitzt, wie man sie vorher nie gehört hatte. Schock und Verführung. Wie das so ist am Hof des scharlachroten Beelzebub. Die Geburt des Progressive Rock.
George Harrison
All Things Must Pass
Apple, 1970
George Harrisons von Phil Spector produziertes erstes Solo-Studioalbum nach der Trennung der Beatles war auch das erste 3-LP-Album der Musikgeschichte. Mit an Bord u.a. Ringo Starr, Klaus Voormann, Eric Clapton, Ginger Baker – und sein größter Hit, "My Sweet Lord".