Roger Waters: Turbulenzen auch vor dem Tourstart in Lissabon
Hallensponsor ist eine israelisch-französische Techfirma. In Frankfurt herrscht nach Konzertabsage in der Festhalle Unklarheit über möglichen Schadenersatz
Am Freitag, den 17. März 2023, startet die von gegenseitigen Anschuldigungen und politischen Turbulenzen begleitete Europa-Tour von Roger Waters, unter dem Titel „This Is Not A Drill“. Die aufwendige Großproduktion ist für Multifunktions-Arenen gebucht – allein die Umsätze mit Tickets dürften pro Abend mit 15.000 bis 20.000 Fans wohl deutlich über zwei Millionen Euro erreichen. Gastronomie und Merchandising kommen noch on top. Ein Riesengeschäft. Als finaler Termin ist der 10. Juni in Manchester vorgesehen.
Im Routenplan stehen mittlerweile nur noch vier Termine in Deutschland. Das Konzert in der Frankfurter Festhalle ist bekanntlich abgesagt worden. Wegen der wiederholten, von vielen als antisemitisch eingeschätzten Aussagen Waters‘, der mit jedem weiteren Interview ein neues Fass in dieser Causa aufgemacht hat.
Die Zeitung „Jerusalem Post“ berichtet nun, dass vor dem Waters-Tourstart auch in Lissabon die Wogen hochgekocht sind. Die Jüdische Gemeinde von Porto hat den israelfeindlichen Rockstar kritisiert und darauf hingewiesen, dass der Hauptsponsor der 20.000-Zuschauer-Arena in Lissabon die Firma Altice ist, die dem französisch-israelischen Geschäftsmann Patrick Drahi gehört. Das Blatt zitiert Drahis Sprecher mit den Worten: „Er bedauert es zutiefst“, erklärt aber, dass er rechtlich nicht in der Lage ist, das Konzert abzusagen, selbst wenn er es versuchen würde.
Ein Mitglied der jüdischen Gemeinde von Lissabon wiederum sagt an anderer Stelle: „Wir waren schockiert, als wir hörten, dass Waters in unserem Land auftreten wird, und noch überraschter, als wir herausfanden, dass er in einer Arena auftreten wird, die von einem israelischen Juden gesponsert wird.“ Ein Sprecher von Drahi sagte der „Post“, dass „Altice darauf hinweisen möchte, dass es der Namens-Sponsor der größten Konzerthalle in Portugal ist; jedoch keine Kontrolle über das Programm und die Künstler hat, die dort auftreten.“ Die Internet-Technologie-Firma Altice habe sich umgehend nach Bekanntwerden des Programms an den Eigentümer der Arena gewandt, um Möglichkeiten zur Stornierung des Konzerts zu sondieren. Die Hallenbetreiber verwiesen darauf, dass es zu spät sei und sie das Konzert nicht absagen könnten. Die Tickets wären bereits ausverkauft“.
Das US-Branchenblatt „Billboard“ berichtet derweilen über die Absage in Frankfurt und fragte beim Waters-Lager eine Stellungnahme an, die bislang unbeantwortet geblieben ist. Man berichtete ergänzend, dass es nach dem Aus am Main eine Unterstützungsbotschaft eines Autors und Redakteurs des „Palestine Chronicle“ gab, der bestreitet, dass Waters ein Antisemit sei. Dazu wird ein Redakteur des im indischen Delhi ansässigen marxistischen Verlagshauses „Leftword Books“ zitiert, der Waters‘ Haltung zu Israel verteidigt. „Ich liebe dich, mein Bruder“, twitterte Waters, der in September 2023 seinen 80. Geburtstag feiert, laut „Billboard“ an Vijay Prashad und fügte hinzu: „Schulter an Schulter. F-k em’!“
In der Rhein/Main-Lokalpresse beschäftigt man sich mittlerweile mit den finanziellen Folgen der Waters-Absage. Die „Frankfurter Neue Presse“ (FNP) berichtet über eine Debatte im Haupt- und Finanzausschuss über Schadensersatzforderungen und Konsequenzen.
Michael Müller (Die Linke) wollte etwa von Stadt-Kämmerer Bastian Bergerhoff (Die Grünen) wissen, welche Kosten auf Frankfurt zukommen könnten. Die Stadt und das Land Hessen sind Betreiber der Messegesellschaft und somit auch für die auf dem Ausstellungs-Gelände befindliche Festhalle zuständig.
Kassenhüter Bergerhoff konnte dazu bislang keine Aussagen machen. Laut „FNP“ sagte er: „Es ist nicht vorhersehbar, wie am Ende entschieden wird.“ Eine Variante wäre, dass es zu Schadensersatzforderungen komme. Es gebe aber mehrere Möglichkeiten. Es könnte auch sein, dass ein Gericht „der Position der Gesellschafter folgt“. Möglich wäre allerdings auch, „dass es zur Anweisung kommt, den Vertrag zu erfüllen“.