Roger Smith – Kap der Finsternis
Rund um den Tafelberg, entlang der Küste, wo sich in einer weit ausholenden Kurve die Cape Flats mit ihren aus dem Buschland aufragenden Gettoblocks erstrecken, herrscht Krieg. Denn Kapstadt gleicht längst einer oberirdischen Hölle, in der eine Handvoll einsamer Helden gegen eine Armee von Monstern den uralten Krieg um Gut und Böse kämpft -und zumeist verliert. 42 Jahre Apartheid haben ihre Spuren hinterlassen – und nichts deutet darauf hin, dass sich das Land jemals davon erhole sollte. Das jedenfalls suggeriert Roger Smiths atemberaubendes Romandebüt „Kap der Finsternis“ (Tropen, 21,90 Euro), das sich liest wie eine Mixtur aus Cormac McCarthy und II, James Ellroy – rasant, finster-funkelnd und erschütternd martialisch. Denn Smith malt ein apokalyptisches Bild seiner Geburtsstadt. Er erzählt von Wesen, die aufgehört haben, ans Menschensein zu glauben; Moribunde, die bloß noch niedersten Instinkten gehorchen auf ihrem Weg in Untergang und Verdammnis. Und so wird am Kap gemordet, geschändet und gebrandschatzt, was das Zeug hält, Menschen gesteinigt, aufgeschlitzt, bei lebendigem Leib verbrannt: Denn hier kämpfen die Mongrels gegen eine Legion von verdammten, die sich „Americans“ nennt – und ihre Blutspur um den Tafelberg zieht. Und so heißt es einmal ungläubig: „Wie konnten an diesem gottverdammten Ort nur Menschen leben?“
Roger Smith, 40-jähriger Drehbuchautor, Regisseur und Produzent, setzt Figuren ins Bild, die man nie wieder vergisst: angefangen bei dem einäugigen, sich als Nachtwächter auf Baustellen durchschlagenden Benny Mongrel, gefolgt von Inspector Rudi Bernard, genannt „Gatsby“ – einem stinkenden Fleischberg, der mordet, wie andere Luftholen. Und da ist der Amerikaner Jack Burn, der zusammen mit schwangerer Frau und Sohn ein Haus in einer Anlage für vermögende Weiße bewohnt.
All das mischt Smith zu einem hyperrealistischen, an Paul Haggis Episodenfilm „L.A. Crash“ erinnernden Roman, der an den Nerven zerrt. Denn es ist ein extrem gewalttätiges Südafrika, das Roger Smith in zum Teil noch nie da gewesenen Bildern bannt – verwoben zu einer dunklen Synphonie des Schmerzes, die zweifellos zum Grausamsten und zugleich Schönsten dessen zählt, was derzeit zwischen Buchdeckeln zu haben ist!