Roger Daltrey hat keinen Bock auf Fans, die vor Konzerten die Setlist checken
Der Who-Sänger kündigt eigenwillige Shows an. Fans dürfen Fragen stellen. Biopic über Keith Moon auf dem Weg
Für seine aktuelle US-Tour, die am Montag (10. Juni) in Glenside, Pennsylvania gestartet ist, hat sich Roger Daltrey einen langen Untertitel ausgedacht: Mit seiner „elektrisch-akustischen Band“ kündet er „Who-Hits und -Raritäten sowie Solo-Musik und Geschichten über seine unglaubliche 60-jährige Karriere“ an.
„Ich wollte einfach mal etwas anderes machen, mit einer anderen Instrumentierung und ohne vorproduzierte Tape-Unterstützung. Das schafft einen ganz neuen Sound und gibt mir als Sänger die Freiheit, auch Songs von Kollegen einzubauen, die ich über die Jahre sehr gemocht habe. Es wird ziemlich interessant werden. Ich bin einfach entschlossen, mich zu amüsieren und die Freiheit zu erkunden, die ich auf dieser Tournee habe; um das zu tun, was ich tun will. Mal sehen, wo das Ganze endet“, sagte Daltrey in einem Interview mit dem US-Fachmagazin „Billboard“.
Beseelt vom Geist des Experiments wird der 80-jährige Mastermind von The Who grundsätzlich.
„Ich werde nicht über einzelne Songs sprechen“, so Daltrey. „Zu viele Leute verraten ihr komplettes Programm. Darum gibt es heutzutage bei Konzerten keine Überraschungen mehr, weil jeder schon vorab die Setlist sehen will. Ich habe es verdammt satt. Das Internet hat die Live-Shows für mich ruiniert. Will wirklich jeder wissen, was als nächstes kommt? Die Leute verzichten dabei auf den Moment der Überraschung. Ich kann es nicht ausstehen.“
„Warum hören wir uns nicht einfach die verdammte Show direkt vom Klo aus an!“
Auf die kecke Bemerkung des Interviewers, dass die Fans den Ablaufplan der Songs vielleicht nützlich fänden, um den passenden Zeitpunkt zu bestimmen, um mal auf Toilette zu gehen, entgegnete Daltrey lachend. „Warum hören wir uns nicht einfach die verdammte Show direkt vom Klo aus an!“
Bei all dem freigeistigen Ansatz seiner US-Gastspiele lässt Roger Daltrey immerhin durchblicken, dass der 1971er-Klassiker „Won’t Get Fooled Again“ zum Programm gehört. Allerdings wird er dabei auf seinen furiosen Vokal-Ausbruch nach dem Intro des Songs verzichten: „Ich habe diesen Schrei über 50 Jahre lang gemacht, und habe genug davon. Ich will es nicht einmal mehr versuchen. Es ist brutal für die Stimmbänder!“
Zum Frage-und-Antwort-Teil dieser Tour verweist Daltrey auf einen ähnlichen Modus bei einer Show in England. Fans können vor der Show schriftliche Fragen einreichen und die Band wählt die interessantesten aus. „Auf der Bühne ziehe sie einfach aus einem Hut. Das macht sehr viel Spaß. Wenn man Glück hat, kommt dabei auch noch gute Comedy heraus.“
Während er sich im Hinblick auf eine weitere Tour mit The Who skeptisch gibt, gibt er sich optimistisch bei einem Herzensprojekt: Ein Biopic über den 1978 verstorbenen Who-Schlagzeuger Keith Moon. Das Drehbuch ist laut Daltrey weit fortgeschritten. Sobald er ein kongenialer Regisseur gefunden ist, soll es umgehend fertig werden