Rock Im Park – Nürnberg, Frankenstadion
Die ganz Harten schlugen schon am Donnerstag vor Pfingsten ihre Zelte auf, als im Stadion noch die Bühne fertigmontiert wurde. Einen Schwerverletzten gab es auch gleich: Ein Volltrunkener stürzte von der Steintribüne acht Meter auf den Boden. Der Rest feierte unbeirrt weiter – „Zwa Käsda Bier bro Berson braucht ma scho, logger“.
Regengüsse und den dazugehörigen Matsch weniger, aber man ist ja festivalerprobt, und außerdem gab es neben der „Center Stage“ noch drei Zelte zum Zurückziehen: „Talent Forum“, „Alternatent“ und „House Of Comedy“, letzteres diesmal leider mit nur wenigen Lichtblicken. Auch hier sah man, daß die Comedy-Welle rapide abflaut Immer noch mäßig witzig: Kalkofe und Django Asül. Vorm „Alternatent“ durfte man schon nachmittags ewig anstehen, sich penibel filzen lassen, um drinnen dann festzustellen, daß das Zelt halbleer war. Übertriebene Sicherheitsmaßnahmen machen auch keinen Sinn. Schade, denn gerade lokale Bands wie Miles hätten mehr Zuschauer verdient gehabt.
Auf der Hauptbühne mühte sich indes Helge Schneider mit seinen Firefuckers ab, aber bei einem Rock-Festival den Rock auf die Schippe nehmen zu wollen, ist dumm. Gelacht hat jedenfalls kaum einer. Lag vielleicht auch daran, daß Cypress Hill vielen bereits vorher den letzten Nerv geraubt hatten mit ihrem Kiffer-Geschwafel. Bei Metallica stimmte dann wie immer jeder Ton, auch wenn das Macker-Gehabe von Sänger Hetfield langsam lächerlich wirkt.
Am Sonnabend, so gegen 13 Uhr, rieb sich Shawn Mullins theatralisch die Augen hinter seiner Sonnenbrille und seufzte „Good morning“. Gähnen allüberall, dann aber passenderweise „Lullaby“, wahrscheinlich der einzige Hit, den er je haben wird. Der Rest: Folkrock ohne größere Ambitionen. Ähnlich Eagle-Eye Cherry, bei dem auch nur zu „Save Tonight“ ausgiebig geklatscht wurde. Immer noch besser als die Lage für Tocotronic. Dirk von Lowtzow dürfte es geahnt haben: „Einen wunderschönen naja – Nachmittag“, rief er dem halbleeren Stadion zu, und keiner antwortete. Es kapierte wohl nur ein Dutzend Menschen den doch sehr norddeutschen Humor der drei, speziell ihr „Let There Be Rock“.
Zu allem Überfluß hatten dann noch die Manic Street Preachers abgesagt, statt dessen quälte man das Volk mit Ausschnitten aus dem Musical „Rent“. Dann ließ man auf der Videoleinwand Robbie zum sicher 20. Mal „Strong“ singen, bis man glaubte, sich in einer Endlos-Zeitschleife zu befinden.
Der Rest des Sonnabends: Frauentag. Lauryn Hill verzauberte selbst verbohrte Rockfans. Danach wirkte Skunk Anansie-Sängerin Skin etwas zu plump und Alanis Morissette etwas zu hektisch. Größte Überraschung waren hernach am Sonntag die Barenaked Ladies. Kaum einer kannte sie, aber nach 30 Minuten wollten die „Zugabe“-Rufe nicht enden. BNL sind mit zwei tollen Sängern gesegnet, notorisch gut drauf und echt witzig. So vergackeierten sie Celine Dion, The Offspring und die Backstreet Boys, bis selbst der letzte Katerkopf Tränen lachte.
Trotz des hübschen Auftritts von Heather Nova schaffte es erst Robbie Williams wieder, ähnliche Begeisterung hervorzurufen. Sein angepunkter Take-That-Hit „Back For Good“ kam besonders gut an. Im Vergleich zu „Robbüiiieee“ schien der arrogant aufspielende Xavier Naidoo wirklich „Nicht von dieser „Welt“ zu sein, sondern überirdisch eingebildet Dann lieber Bryan Adams. Nach drei Tagen mit 90 Bands ist simples Entertainment genau das Richtige. Unter Alltagsbedingungen wollen wir „Summer Of’69“ jedoch nie wieder hören.