Rock am Ring 2023 – der Samstag mit K.I.Z, Incubus und Kings of Leon
… und wir schalten live in die Irrenanstalt am Nürburgring: Bei Rock am Ring haben K.I.Z mit einem Riesenpublikum gefeiert – aber auch Acts wie Tenacious D und Incubus lieferten ab.
Nina, Lotta und Johann von Blond haben es auf der Utopia Stage nicht leicht – dabei hätte der Samstag mit so schönem Indie-Pop im bunten Blütenmeer starten können. Stattdessen hat sich die Technik gegen sie verschworen, was zu Verzögerungen im Set führt. Nach „Durch die Nacht“ geben die beiden Kummer-Schwestern daher erst mal die Alleinunterhalterinnen, glücklicherweise eine ihrer leichtesten Übungen. Sie attestieren ihren Zuschauern kurz nach halb drei am Nachmittag noch Schlaf in den Augen, da muss man sich erst mal ein bisschen ausschütteln. Spontan wird die Setlist über den Haufen geworfen, es folgt „Sims 3“ – und es wird ein neuer Rock-am-Ring-Move, die Raaaarrrr-Kralle, einstudiert.
Haben etwa die Männer aus Angst vor der geballten Frauenpower ein Kabel durchgeschnitten? Sabotagetheorien hin oder her – den Song „Männer“, in dem sie die „Pimmelparty“ auf Festivals anprangern, hätten sie sowieso gespielt. Das Fazit von Lotta zu ihrem Auftritt: „Son Blond-Konzert is’n wahres Geschenk!“ Das könnte man auch über die diesjährigen Festivalbedingungen sagen – denn auch wenn den ganzen Tag die Sonne auf die Zuschauer hinunter brutzelt, weht noch ein angenehm frisches Lüftchen, während man später zu Nothing But Thieves, Provinz, The Foxies, Pabst und Hot Water Music mitwippt.
Rock am Ring: California Dreaming mit Incubus
Richtig dreamy wird es mit Incubus, die ihr Set mit „Privilege“ in der leuchtenden Abendsonne beginnen und mit Songs wie „Nice to Know You“ und „Drive“ das unbeschwerte Sommerfeeling perfekt machen. Am Bass ist Nicole Row dabei – die in sich ruhende Session-Musikerin, die bereits mit Acts wie Myley Cyrus, Dua Lipa und zuletzt Panic! at the Disco gespielt hat, ersetzt Ben Kenney, der sich derzeit von einer Gehirnoperation erholt. Gemeinsam holen sie mit Beatles- und Pink-Floyd-Covers („Come Together“, „Wish You Were Here) auch die weniger textsicheren Zuschauer ab.
Tenacious D: You can’t kill the metal
Bei Tenacious D sitzt im Anschluss aber jede Zeile: Das Publikum vor der Utopia Stage hat sich für Jack Black und Kyle Gass plötzlich verdoppelt und auch wenn der operettenhafte Klamauk bekannt ist, so ist die Show immer wieder ein absolutes Festival-Highlight. Im Hintergrund bläst sich ein Dämon auf, der sich nur mit der Power des Rock bezwingen lässt, JB startet eine Dance-Party mit dem Saxaboom und wird von KG mit dem Maxaboom (ein übertrieben albernes Styropor-Saxofon, mit dem er „Baker Street“ spielt) in den Schatten gestellt. Als Special Guest kommt auch Amy Lee von Evanescence für zwei Songs („Kyle Quit the Band“, „Lee“) dazu. Zum Abschluss wird es dann noch so romantisch, wie eine Show von Tenacious D eben sein kann: Bei „Fuck Her Gently“ singen Tausende inbrünstig über die richtige Herangehensweise beim Koitus. So schön!
Australische Punk-Party bei The Chats, Abriss bei K.I.Z
Richtiges Punkrock-Feeling kommt indes bei The Chats auf der kleineren Orbit Stage auf. Zwar verirren sich nur wenige dorthin, weil nebenan Papa Roach den Laden abreißen und sich auf der Utopia Stage bereits K.I.Z ankündigen, dennoch liefert die rotzig-gute Show der Australier getreu dem Motto „Get Fucked“ einen der spaßigsten Moshpits des Tages.
Ganz klarer Publikumsliebling sind jedoch die Patienten der Nervenheilanstalt Birkenhain, die mit „VIP in der Psychiatrie“ den derbsten Partymoment des Abends einläuten. Zehntausende treibt es jetzt zu K.I.Z zum Feiern, Mitgrölen und zerebralen Abschalten – „Urlaub fürs Gehirn“ eben, wenn man gemeinsam zu den fetten Beats von „Unterfickt und geistig behindert“ abgehen kann.
Auch wenn im Anschluss mit Kings of Leon die eigentlichen Headliner noch kommen – nach der Partynummer live aus der Irrenanstalt wirkt der Southern-Alternative-Rock nur noch wie Vorabendprogramm. Die Abwechslung schätzen dennoch viele und freuen sich – natürlich – am meisten über All-Time-Favourites wie „Sex on Fire“, „Use Somebody“.
Wer sich nach Kontra K und während Kings of Leon zur Orbit Stage begibt, bekommt noch ein weiteres Schmankerl serviert, das sich hinter dem mysteriösen Namen VV verbirgt: Ville Valo performt zu mitternächtlicher Stunde ein Set, das auch seine größten Hits aus HIM-Zeiten enthält. Nebenan auf der Mandora Stage geht es ähnlich düster und melodisch zu – Evanescence sorgen mit einem stimmgewaltigen Late-Night Special für den krönenden Abschluss von Tag zwei. Für „Bring Me to Life“ hat sich Amy Lee im Backstage-Bereich Verstärkung für den Rap-Teil organisiert, zum großen Finale betritt Jacoby Shaddix von Papa Roach noch einmal die Bühne. Das hat gesessen, Rock am Ring.