Robert Crumb
Er sieht aus wie ein etwas besser gekleideter Stadtstreicher und macht auch aus seinem Vorleben als Lüstling keinen Hehl. Doch desungeachtet gilt der 51jährige Robert Crumb längst als das Genie des Underground-Comics. Mit Terry Zwigoffs Dokumentarstreifen "Crumb" erfährt der immens produktive Künstler nun endlich auch eine in jeder Hinsicht überzeugende filmische Würdigung seiner Arbeit.
„Das Leben kann wunderbar sein, wenn man sich ein wenig Mühe gibt und ein wenig Glück hat. Die Götter beschlossen, es gut mit mir zu meinen, und glaubt mir: Ich bin dankbar!“ Eine komplette fünfseitige Geschichte widmete Robert Crumb 1989 seiner Dankbarkeit: „I’m Grateful! I’m Grateful!“ „Ich bin so verdammt dankbar, dieses Zeichentalent zu haben“, jubelt er darin. „Ich kann sogar leben von meinem Zeug. Kann man noch mehr Glück haben? Jeden Morgen wache ich auf und danke den Sternen, daß ich keiner geregelten Arbeit nachgehen muß. Ich bin so dankbar, daß ich diese vielfältigen kulturellen Interessen habe. Ich langweile mich nie, denn es gibt so viele interessante Dinge zu studieren.“
Eine weitere Seite vergeht, bis er zu dem eigentlichen und entscheidenden Punkt kommt: „In meiner Jugend hatte ich ein schreckliches, unstillbares sexuelles Verlangen. Ich lebte in einer Parallelwelt verrückter Masturbationsphantasien. In meinen wildesten Träumen hätte ich nicht gedacht, daß ich meine bizarren Neigungen eines Tages würde ausleben können. Aber Jahre später wurden sie alle Wirklichkeit, bis ins kleinste Detail, nachdem ich berühmt geworden war, natürlich.“
Ruhm und Reichtum waren das letzte, was Robert Crumb erwartet hatte, als er im Januar 1967 aus Cleveland aufbrach, wo er es als exzentrischer Postkartenzeichner schon zu einem gewissen Ansehen gebracht hatte, und nach San Francisco übersiedelte. Genau zur richtigen Zeit, wie sich zeigen sollte. Binnen eines Jahres wurde er zu dem Star des neuen Genres „Underground Comics“.
Ein bißchen Dope, noch etwas mehr LSD, die Anregungen durch seine Nachbarschaft im Haight-Ashbury-Distrikt und ein immer schon vorhandenes Gefühl der Entfremdung gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft ließen ihn Charaktere wie „Herrn Natürlich“, „Schumann, den Menschlichen“, „Bo Bo Bolinski“, „Mr. Snoid“ und „Fritz The Cat“ schaffen, die das Lebensgefühl der Hippies genausogut zum Ausdruck brachten und die bald genauso berühmt waren wie die vielen Bands von nebenan: The Grateful Dead, Country Joe & The Fish, Jefferson Airplane oder Big Brother & The Holding Company (mit Janis Joplin), für deren Debüt-Album „Cheap Thrills“ Crumb die Coverillustration machte.
Crumb gehörte in den USA zu den ersten Künstlern, die das bis dato als Trash- und Kinder-Medium verachtete Genre Comics zu einer weitgehend anerkannten Kunstform tüteten.