Rituale

Neotraditionalisten: die Southern Tenant Folk Union

Es ist eine Art Reenactment traditioneller amerikanischer Musik, das die Southern Tenant Folk Union auf der Bühne des Bremer „Schnürschuh Theaters“ aufführt. Sechs Männer in abgetragenen Anzügen gruppieren sich jeweils zu dritt um eines dieser großen Mikrofone und spielen Folk und Bluegrass mit Akustikgitarren, Banjo, Fiddle und Kontrabass. Wer die Hauptstimme singt oder ein Solo übernimmt, tritt einfach einen Schritt näher ans Mikro. Fünf der sechs Musiker singen (fast) ausschließlich eigenes Material, das zwischen romantisch walzenden Balladen und derber Folklore über Wein, Weib und Gesang changiert. Auch ein paar (ost-)europäische Einflüsse sind auszumachen.

Überraschung: Die Southern Tenant Folk Union kommt nicht aus den Blue Ridge Mountains, sondern aus London und Edinburgh. Man hört das Britische in der traditionell amerikanischen Musik, spürt den Folk von der Insel in Rhythmus und Gesangslinien. Des Rätsels Lösung ist der Kopf des Sextetts. Pat McGarvey hat 14 Jahre lang gemeinsam mit Sid Griffin Musik gemacht, den man von den Long Ryders bzw. den Coal Porters kennt. Bei Folk-Reenactment: Ex-Coal Porter McGarvey (M.) mit seiner Folk Union eben diesen Coal Porters war McGarvey ein wichtiges Mitglied – Griffin hatte seinen schottischen Kumpel seinerzeit überredet, das Banjospielen zu erlernen und ihn flugs in seine Band integriert. Es wurde mit der Zeit aber schwierig zwischen den beiden, bis Griff in McGarvey vor anderthalb Jahren aus der Band entließ. „Ich hoffe, wir werden in ein paar Jahren über die ganze Sache lachen können“, kommentiert McGarvey, „aber momentan haben wir keinen Kontakt.“ Was da wohl los war? McGarvey wählt seine Worte vorsichtig, spricht von fehlender Demokratie und wenig Entfaltungsmöglichkeiten der einzelnen Musiker. „Als ich eine neue Band zusammenstellte, wollte ich den Raum schaffen, dass alle Beteiligten sich einbringen können. Ich glaube einfach, dass man so ein besseres Fundament schafft.“ Für die Southern Tenant Folk Union – die das Partizipatorische ja schon im Namen trägt – ist das Konzept aufgegangen. Die Vielfalt des Songwritings und die Gleichberechtigung der Musiker wird auf der Bühne genauso deutlich wie auf dem neuen, zweiten Album der Band, „Revivals, Rituals And Union Songs“.

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