Ringo Starr: So denkt er über den Tod von John Lennon und Kurt Cobain
In einem Interview zieht der ehemalige Drummer der Beatles große, emotionale Linien durch die Rockgeschichte
Auf seiner offiziellen Website zeigt Ringo Starr ein doppeltes „Victory“-Zeichen. Kleiner PR-Gag für sein aktuelles Soundprojekt „EP3“. Auch sonst scheint der 82-Jährige mit reichlich Optimismus und ohne die Alt-Herren-Verbiesterung mancher seiner Kollegen durch die Welt zu ziehen.Er wird demnächst in einem Dokfilm über die spezielle Magie von Schlagzeugern prominent auftauchen.
Für die US-Rockplattform „AlternativeNation“ hat er sich jüngst eingehend über Kurt Cobain geäußert. Zwar würden Beatles und Nirvana, was Stilistik und Auftreten anbetrifft, mehrere Musikgenerationen auseinander liegen. Doch beide Bands hätten sich ihren Platz in der Geschichte mehr als verdient, so die Schlagzeuglegende.
Als die Beatles Anfang der 1960er Jahre ihren Durchbruch hatten, waren sie anfangs nur eine weitere Rock-’n‘-Roll-Band. Allein in der heimischen Merseyside gab es davon hunderte. Doch dann vollzogen sie einen „magischen Wandel in ihrer Kreativität“, der sie am Ende des Jahrzehnts zur größten Band aller Zeiten werden ließ. Nicht nur „Revolver“ oder „Let It Be“ waren jeweils Meisterwerke, die einen erheblichen Einfluss auf die erweiterte Popkultur hatten.
Ringo Starrs universellen Betrachtungen der Rock-Geschichte liegt ein Interview mit dem amerikanischen ROLLING STONE von aus 2019 zugrunde, das er mit Dave Grohl führte. Beide Stars befragten sich damals gegenseitig. Zu Kurt Cobain sagt er nun:
„Absolut großartig, und der Mann selbst hatte so viel Gefühl. Das habe ich geliebt. Ich bin ein emotionaler Typ. Niemand kann an Nirvana zweifeln, niemals. Und wer konnte schon ahnen, dass er da landen würde, wo er gelandet ist. Ich glaube nicht, dass irgendjemand, der Musik mit etwas Mut hörte, an ihm zweifeln konnte, denn er war mutig.“
Ringo reflektierte über den Tod seines alten Freundes John Lennon, der wiederum einer von Cobains größten Helden war. Er erinnerte dabei an die bedeutenden existenziellen Fragen, die sein unerwartetes Ableben mit sich brachten.
„Ich kenne die Endgeschichte (von Cobain, Anm der Red.) nicht im Detail. Und es geht auch nicht nur um ihn. Wir verlieren viele gute Leute in unserem Geschäft früh. Man denkt: ‚Wie hart muss es gewesen sein? Ich meine, ‚Warum rufst du mich nicht an?‘ Man kann nie wissen. Das ist das berühmte 27-Jahre-Syndrom. Viele sind mit 27 gegangen, als wäre es diese Zahl – was, hatten sie bis dahin alles erreicht? Oder vielleicht hat Gott es so geplant, ich weiß es nicht“.
Starr zog auch Parallelen zum früheren Beatles-Kosmos: „Als John starb, war ich auf den Bahamas. Meine Stiefkinder aus L.A. riefen mich an und sagten: ‚John ist etwas zugestoßen‘. Und dann kam der bestätigende Anruf: ‚John ist tot‘.
Und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Und ich dachte nur daran, dass irgendein Bastard ihn erschossen hat. Aber ich sagte nur: ‚Wir müssen ein Flugzeug besorgen.‘ Wir bekamen ein Flugzeug nach New York, und man weiß nicht, was man tun kann. Wir gingen in die Wohnung. ‚Können wir irgendetwas tun?‘ Und Yoko sagte nur: „Spielt einfach mit Sean. Beschäftige Sean.‘ Und das taten wir. Das ist es, was du denkst: ‚Was macht ihr jetzt?'“