1988: Michael Jacksons „Moonwalker“ kommt in die Kinos (na ja, in manche)
Wer Anzeichen beginnenden Größenwahns beobachten wollte, musste sich nur Michael Jacksons Kinoabenteuer „Moonwalker" ansehen.
Im Jahr 1987 war Michael Jackson bereits ein, gelinde formuliert, „Exzentriker“, das sah man ihm nicht nur an der Nasenspitze an. Aber es lief alles noch eine Spur ruhiger ab. Es gab die leisen Gerüchte um ein Sauerstoffzelt, um das Skelett des Elefantenmannes, das er kaufen wollte, sowie diesen echten Schimpansen, der zum besten Freund und Bettgenossen des Sängers wurde.
Der Michael Jackson, der erst in den Jahren danach zum echten Jacko mutierte, ein Wrack und Vater mit zu Recht kritisch beurteilter Erziehungsfähigkeit, war 1987 also, im Erscheinungsjahr des Albums „Bad“, eher ein Twen mit Spleen. Die Platte verkaufte sich ähnlich gut wie der Vorgänger „Thriller“ (1982) und hatte sogar mehr Singles auf Position eins der US-Single-Charts.
Erfolgreichster Sänger der Achtziger zu sein, das reichte Michael Jackson nicht. Nun ging es ihm darum, auch als Schauspieler Geschichte zu schreiben. Wer Anzeichen beginnenden Größenwahns beobachten wollte, musste sich deshalb nur Michael Jacksons Kinoabenteuer „Moonwalker“ von 1988 ansehen.
War das überhaupt ein Film? Oder nicht eher eine Aneinanderreihung von Musikclips? In Erinnerung geblieben sind den Zuschauern drei Sequenzen des 90-minütigen Werks: die animierten (Knet)-Figuren in „Speed Demon“ und „Leave Me Alone“, die Jackson nach dem Leben trachten; sowie das Im-Film-Video zur Gangster-Hommage „Smooth Criminal“, in dem der Sänger seine neben dem Moonwalk zweitbekannteste Bewegung demonstriert, die entgegen der Schwerkraft vorgeführte 45-Grad-Beuge nach vorne.
Für diesen Trick verwendete Jackson Spezialschuhe sowie Fäden, die ihn am Vorneüberkippen hinderten. Berühmte Tanzbewegungen: Warum spielt eigentlich der Moonwalk an sich, mit dem Jackson in „Billie Jean“ seine Fans begeisterte, im Film keine Rolle?
Heroin?
Eine Rahmenhandlung wurde nur durch die Darsteller und deren stereotypischen Rollen angedacht: Jackson als der kinderliebende Erlöser, der vor Vollendung der Weltrettung jedoch erst seine Kritiker abschütteln muss; dann gibt es da noch den urbösen Frankie „Mr. Big“ LiDeo (Joe Pesci) als Jacksons Antagonist. Wie schief das alles ist, zeigt schon eine laut Wikipedia aus dem Film herausgeschnittene Szene. Darin drohe Pesci, in die Arme der Kinder Heroin zu injiziieren. Der Film endet mit einer Live-Performance. Nachdem Michael gezeigt hat, wer hier der King ist, dürfen die Kinder backstage zusehen, wie er den Beatles-Song „Come Together“ darbietet.
Michael Jackson muss geglaubt haben, dass es leicht ist, die Welt der Leinwände zu erobern. Fred Astaire! Dass es im Grunde reichen müsste, Jackson beim Tanzen zu zeigen, beim Rennen und Lachen mit seinen kleinen Freunden.
„Moonwalker“ kam nur kurz in die europäischen Kinos – der Start auf dem wichtigsten, dem US-amerikanischen Markt, zur prestigeträchtigen Weihnachtszeit, wurde abgeblasen. Stattdessen ging das Werk straight to video und erschien in Amerika auf VHS. Die Höchststrafe für einen Film. Und für den Megastar Michael Jackson sowieso.
Daran gemessen, dass die amerikanischen Kinos noch das meiste Geld eingebracht hätten, gingen die Einspielergebnisse jedoch in Ordnung. „Moonwalker“ brachte 67 Millionen US-Dollar ein, er kostete geschätzt 22 Millionen US-Dollar.
Vom Kino hatte Jackson ab 1988 erst einmal genug. Der Leinwand stattete er nur noch einen Kurzbesuch ab: als Außerirdischer in „Men in Black II“ (2002). Dafür musste er noch nicht einmal eine Maske überziehen: Der Sänger reckte selbstironisch sein damals aktuelles Antlitz in die Kamera.