Rewind Today 1978: Kraftwerk veröffentlichen ‚Die Mensch-Maschine‘
Kraftwerk veröffentlichen das Album, das viele für ihr bestes halten: "Die Mensch-Maschine".
„Regentropfen, die an mein Fenster klopfen…“ – Musikexpress besprach für die Ausgabe 6/1978 das Kraftwerk-Album „Die Mensch-Maschine“, das am 28. Mai 1978 veröffentlicht wurde.
Kraftwerk – Die Mensch-Maschine ****
Gerade hat Erzwo-Dezwo seine Lieblingsplatte aufgelegt: „Die Mensch-Maschine“ von Kraftwerk. Erzwo-Dezwo piepst fragend: „Puppen? Musiker? Arbeiter? Roboter?“ Ja, wer die Fernseh-Präsentation von Kraftwerk in „Rockpop“ gesehen hat, der weiß, wie schwer Mensch und Maschine äußerlich voneinander zu unterscheiden waren. Beinahe austauschbar. Kraftwerk beschreiben auf ihrem neuen Album jedoch eine ganz andere Art der Roboter- und Maschinenwelt als die der Science-Fiction-Geschichten. Kalt lächeln sie uns auf Flaggenrot und mit Parteitags-Image vom Cover entgegen, erinnern an Charlie Chaplins „Moderne Zeiten“ und die kommunistische Pflichterfüllung. Der perfekt funktionierende Arbeiter als menschlicher Roboter spricht denn auch wirklich russisch (auf der LP im Song „Die Roboter“). Wie immer bei Kraftwerk ist dieser Thema-Song der stärkste der Platte, ein typischer Elektronik-Ohrwurm im Stil von „Autobahn“ oder „Trans-Europa-Express“. „Spacelab“ und „Metropolis“ dagegen sind verspielt, fast instrumentale Stücke, bei denen mir zum ersten Mal eine gewisse Ähnlichkeit zur Tangerine Dream-Musik auffiel.
Seite zwei beginnt mit dem Disco-Liedchen über das „Model“, eine Fortsetzung von „Die Schaufensterpuppen“. Allerdings ist dieser musikalische Kleiderständer etwas dürr. Die Melodie von „Neonlicht“ stammt, ihr werdet es kaum glauben, von einem alten deutschen Schlager: „Regentropfen, die an mein Fenster klopfen…“. Dieses lichte Liebeslied ist von der Melodie her also sehr beschwingt. Und dann haben wir schließlich noch das Titelstück, „Die Mensch-Maschine“, das eintönigste und unauffälligste dieser LP. Es soll wohl den monotonen Arbeitsverlauf ausdrücken, und nach mehrmaligem Zuhören ertappte ich mich dabei, wie ich auf der Schreibmaschine den gleichen Rhythmus schrieb. Aber Erzwo-Dezwo fand das ganz normal.
Dieses Kraftwerk-Album ist sicher das bislang kommerziellste der Gruppe; sowohl als Discotheken- und Hintergrundmusik, aber auch mit Glanzstücken wie „Die Roboter“ für alte Kraftwerk-Fans aufregend genug.
Im ROLLING-STONE-Ranking der „50 besten deutschen Alben“ erreichte „Die Mensch-Maschine“ Platz 2.
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