Ewiger Klassiker: John Carpenters „Halloween“

Was wären die Serienmörderfilme ohne diesen?

Bitte keine Angst vor Captain Kirk! Es gibt viele Geschichten um William Shatner, Hauptdarsteller der „Raumschiff Enterprise2-Serie, er singt ja, leistet sich unglaubliche Actionszenen und, immer mal wieder, so sieht es zumindest aus, ein neues Toupet.

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Aber Shatner als Vorlage für einen Mörder? So will es die Legende. Die Maske des Michael Myers, dem wohl populärsten Serienkiller der Filmgeschichte, soll angeblich einem Gesichtsabdruck des Captain James Tiberius Kirk entstammen.

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Damit aber ist auch schon alles Lustige über Michael Myers und „Halloween“ gesagt. Der Kinofilm, gedreht 1977 vom damals 29-jährigen John Carpenter, erschien den Zuschauern wie der reine Terror. Am besten, man lässt sich die Sätze des Psychiaters Dr. Loomis (Donald Pleasence), der den maskierten Mörder Myers schon seit dessen Kindheit kennt, auf der Zunge zergehen, im Original:

„I met him, fifteen years ago; I was told there was nothing left; no reason, no conscience, no understanding; and even the most rudimentary sense of life or death, of good or evil, right or wrong. I met this six-year-old child, with this blank, pale, emotionless face, and the blackest eyes… the devil’s eyes. I spent eight years trying to reach him, and then another seven trying to keep him locked up because I realized that what was living behind that boy’s eyes was purely and simply… evil.“

Dass ausgerechnet ein Mediziner nicht mehr an Therapie glaubt, sondern an das Übersinnliche, ist natürlich die Pointe. Für die TV-Fassung drehte Carpenter ein Jahr später ein paar Szenen nach. Eine davon zählt zu seinen stärksten überhaupt. Der Psychiater besucht den Jungen in dessen Stationszimmer. Zuvor wurde mit den anderen Ärzten über eine frühzeitige Entlassung gestritten.

„Du hast sie alle getäuscht. Aber mich nicht“, sagt Loomis. Es folgt ein langsamer Zoom auf das Gesicht des Jungen. Der kleine Michael redet noch immer nicht. Er sitzt auf seinem Stuhl und starrt bewegungslos aus dem Fenster. Wartet auf seinen Einsatz draußen, egal, wann der kommt.

Michael bestraft liebende Teenager

Der Doktor beschreibt damit einen Jungen, den er für die Verkörperung des Bösen hält. Das Kind ermordete, vor seiner Einweisung in die Psychiatrie, seine ältere Schwester und deren Freund. Beide hatte er beim Sex erwischt.

Ein Sechsjähriger mit den Augen des Teufels. Carpenters „Halloween“ war revolutionär, inhaltlich wie formal. Weil die Figur des Michael Myers sich nicht nur deuten ließ als Teufelsgeburt, sondern auch als moralisch gestört. Myers war eine Karikatur des Fundamentalisten: Er will Teenager töten, deren Sexualität gerade erwacht – sogar Teenagerinnen, die noch gar keine Ahnung von Sex haben, so wie Michael Myers Cousine Laurie (Jamie Lee Curtis).

Denn Eheleute, so viel steht fest, müssen in „Halloween“ nicht dran glauben. Der schwarze Mann verfolgte sie bis in den letzten Winkel. Sein Einbruch in den begehbaren Kleiderschrank, in dem Laurie  sich versteckt, ist die vielleicht verstörendste Sequenz. Ein Einbruch in einen Intimbereich, der Hitchcocks Dusch-Szene aus „Psycho“ huldigte.

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Für die jungen Protagonisten im Film war die Welt in Ordnung. Sie kifften und vögelten. Das war der freie Geist der Siebziger. Das Böse hatte rein gar nichts mit schlechter Erziehung zu tun – pure evil entstand aus dem Nichts, plötzlich gab es da den Extremisten Myers. „Halloween“ etablierte dafür den Kniff des nicht zu tötenden, gesichtslosen Er-steht-immer-wieder-auf-Mörders, der plötzlich verschwindet oder an einer ungewohnten Ecke wieder zu sehen ist.

Und natürlich werden die Mädchen ausgerechnet dann angegriffen, wenn sie, scheinbar in Sicherheit, sich genau an diese eine Stelle im Dunkeln begeben, wo dann …nun ja. Umso effektvoller die Hilfeschreie der jungen Frauen. Jamie Lee Curtis prägte mit ihrer Darstellung den Genrebegriff „Scream Queen“.

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„Halloween“ dürfte daher auch die Geburtsstunde etlicher Kino-Besserwisser gewesen sein, die genau wissen, was man wo in Gefahrensituationen definitiv nicht tun dürfe. Sexualisierte Teenager, die gejagt und getötet, werden: Diese Story gibt es bis heute noch, ganze Filmreihen, über „Freitag, der 13.“ bis „A Nightmare on Elm Street“, aber auch Parodien wie „Scream“ werden nach demselben Muster gedreht (und landen heutzutage direkt in der B-Movie-Ecke der immer seltener besuchten örtlichen Videothek).

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Die Gesichtslosigkeit des Mörders – schließlich trägt der erwachsene Myers bis auf seinen finalen Auftritt stets eine Maske – soll den Zuschauer nicht nur erschrecken. Hinter der Maske lauern wir. Myers ersten Mord sieht der Zuschauer daher auch aus der Täterperspektive. Zwar verwendete auch Regisseur Steven Spielberg schon vier Jahre zuvor für seinen „Weißen Hai“ die Kamera aus der Ich-Sicht. Nur fiel es da leichter, sich zu distanzieren, es ging ja um ein Tier.

Bei „Halloween“ und seinem Täterblick war man eher hin- und hergerissen: Was hätte einem widerfahren müssen, dass man so ein Killer wird?

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