„Rewind & Play“ mit Thelonious Monk: Grelles Desinteresse

Die Anatomie eines fatal gescheiterten Fernsehgesprächs mit Thelonious Monk.

Der Dokumentarfilm „Rewind & Play“ von Alain Gomis beleuchtet die Begegnung von Jazz-Pianist Thelonious Monk mit dem französischen Journalisten Henri Renaud im Jahr 1969. Der Musiker ließ sich vor einem Konzert in Paris interviewen. Heute würde man Promo dazu sagen. Das, was Monk erlebt, gleicht aber eher einem kühlen Spießrutenlauf. Banale Fragen, nüchternes Ausbreiten von Stereotypen, dazu unverhohlener Rassismus.

Die Doku zeigt einen Künstler, der ein ausgesprochen zwiespältigen Verhältnis zu den Medien hat. Sie zeigt aber auch, dass dies seine guten Gründe hat. Monk wirkt jederzeit nahbar, lacht viel, antwortet aber auch wie jemand, der weiß, dass er keine „echten“ Fragen gestellt bekommt, sondern nur Aufforderungen, bestimmte Klischees zu bedienen.

  • Renaud: „Mr. Monk, können Sie uns erklären, wie Sie Ihre Musik komponieren?“
    Monk: „Ich spiele einfach, was ich fühle. Es gibt keine große Erklärung dafür.“
  • Renaud: „Was halten Sie von der zeitgenössischen Jazzszene?“
    Monk: „Ich mache einfach mein Ding. Andere Musiker haben ihren eigenen Weg.“
  • Renaud: „Glauben Sie, dass Jazz in Europa anders ist als in den USA?“
    Monk: „Jazz ist Jazz. Es geht um die Musik, nicht um den Ort.“

Gegen die Musik sind falsche Fragen machtlos

Einmal will der Interviewer das Gesagte nicht gelten lassen. Kurzerhand bittet er den Regisseur, eine Antwort einfach nicht zu verwenden. Monk steht auf, will das Studio verlassen, bittet freundlich darum, lieber gemeinsam essen zu gehen, als das Gespräch weiterzuführen. Er wird überzeugt, weiterzumachen.

„Mir kommen die Tränen, wenn ich sehe, was mein Vater alles durchgemacht hat“, sagte sein Sohn zur Premiere der Doku auf der Berlinale im Jahr 2022.

Gewiss: Monk war bekannt für seine zurückhaltende und rätselhafte Art. Vielleicht war der Journalist in diesem Fall einfach frustriert. Die Repetition immer gleicher unsinniger, stumpfer Fragen lässt aber eher einen anderen Schluss zu. Jene, die Musik öffentlich verehren, erscheinen hier wie taub für die Bedürfnisse und das Sosein der Künstler. Vielleicht übertreibt es Gomis etwas mit seiner eindeutigen Stellungnahme zugunsten Monks. Seine Doku ist eben eine Collage unruhigen Bild- und Tonmaterials, die aber zugleich das Scheitern einer Gesprächssituation sehr gut wiedergeben.

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Dieser Qual steht aber die Musik von Thelonious Monk entgegen, wie er zuweilen lachend, manchmal auch schwitzend im Scheinwerferlicht zeigt, warum er zu dem Zeitpunkt eine lebende Legende ist. Mit seinen Stücken erzählt der Pianist mehr, als er je in Worten ausdrücken könnte.

„Rewind & Play“ verdeutlicht mit seinen Bildern schwer auszuhaltender Bedrängnis auch, wie Monk trotz der Herausforderungen, sich immer wieder zu erklären (und dies womöglich einfach nicht zu können), seine Integrität und seinen einzigartigen musikalischen Stil bewahrte.

„Rewind & Play“ gibt es derzeit bei MUBI im Stream und kann noch bis 26. Oktober in der Mediathek von arte gesehen werden.

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