Yo La Tengo
„This Stupid World“ – Nicht zu schön
Matador/Beggars (VÖ: 10.2.)
Vertraut verzerrte Sounds der alten Helden aus New Jersey
Das letzte Album von Yo La Tengo, „We Have Amnesia Sometimes“ (2020), war ein Album, das man sich nur als Indie-Institution leisten kann: eine improvisierte, fast instrumentale Drone-Platte mit nach Wochentagen benannten Songtiteln. Es war das ungefähr zwanzigste Album der Band. Jetzt folgt das ungefähr einundzwanzigste. Es beginnt mit sinistren Gitarrensounds, Geisterstimmen aus dem Äther, ein Krautrock-Beat kommt hinzu, eine düstere Bassline von James McNew, dem Neuen in der Band (er ist erst seit 1992 dabei). Die vertrauten Stimmen von Ira Kaplan und Georgia Hubley steigen ein, gemeinsam, ein singendes Sprechen nah am Mikrofon.
Yo La Tengo ist eine Band der Vibes, mehr denn je
Yo La Tengo ist eine Band der Vibes, mehr denn je. Orgel-Drones und sphärisch in der Luft gehaltene Akkorde bilden die Basis, Fuzz-Gitarren („Sinatra Drive Breakdown“) klassische Akustikgitarren („Aselestine“) oder verzerrte Gesangsspuren („Brain Capers“) dringen durch die meditative Gleichförmigkeit, sind Farbtupfer im Monochrom. Der Höhepunkt ist „Fallout“ ,ein wunderschönes Shoegaze-Stück mit einer sich majestätisch öffnenden Akkordfolge, in der sich die dominant verzerrte E-Gitarre fantastisch mit den motorischen, hohen Basstönen von McNews verbindet. Auffällig ist die flache Produktion des Lieds, die es wie einen Vintage-Track klingen lässt, ein Lo-Fi-Wunderwerk.
Und doch fragt man sich, welche noch größere Wirkung es vielleicht haben könnte, wäre es etwas mächtiger produziert, mit mehr Tiefe und mehr Bass. Wie bei so vielen ihrer Songs (sind es überhaupt Songs? sind es nicht eher Stimmungen, emotionale Frequenzen, auf die man sich einstellen kann?) möchte man in die Sounds steigen, in die Klangwellen eintauchen, in dem Lied leben, für eine Weile, so warm und schön ist es. Aber zu schön, zu allumfassend, sprich zu gut produziert, darf es nicht werden, da sind Yo La Tengo Puristen und ziehen die Authentizität einer DIY-Ästhetik höheren Produktionswerten vor. Vierzig Jahre gibt es die Band nächstes Jahr. „This stupid world“, diese blöde Welt, ist ein wenig schöner mit Yo La Tengo in ihr.