Yeah Yeah Yeahs
„It’s Blitz“
Werden wir in drei Monaten noch einen Job haben, ein Dach über dem Kopf, ein gültiges Premiere-Abo? Fragen, die die Welt bewegen. Das Schlimmste: Nicht einmal Peer Steinbrück kennt die Antwort! Die Yeah Yeah Yeahs haben jetzt immerhin eine Interimslösung parat: „Off with your head/ Dance ‚til you’re dead“ heißt es in „Heads Will Roll“, einem strikten Four-to-the-floor-Stampfer von einiger Wirkungsmacht. Der perfekte Soundtrack für irre hedonistische Tänze am Rande des Vulkans- bekanntlich bereits im Vorfeld der letzten großen Weltwirtschaftskrise eine populäre Beschäftigung.
Grundsätzlich galt: Die etwas zu plakativ herausgestellte Affinität zur New Yorker Art-Punk-Tradition konnte man durchaus anstrengend finden bei den Yeah Yeah Yeahs. Schon der Bandname ist ja eigentlich ein Witz. Im Konzert erlag man zwar dem Charme des sämtliche Frauen-Klischees durchdeklinierenden Indie-Role-Models Karen O.- im Hauptberuf Stationsvorsteherin der Williamsburger Hipster-Gemeinde- aber oft aufgelegt hat man das krachig-monotone Debüt „Fever To Tell“ nicht.
„Show Your Bones“ geriet weniger krawallig, aber so richtig gelingt es erst jetzt, Musik und Image auf Augenhöhe zusammenzuführen. Die erste Single, das dramaturgisch perfekte „Zero“, ist ohne Wenn und Aber der Dance-Track des Jahres. Auch sonst knarzen die Vintage-Synths, treiben die Beats, flirren die Sequenzer. Ein im besten Sinne modernes Disco-Album aus der Rock-Perspektive also, das zu gleichen Teilen Kraftwerk und James Murphy zitiert, jedoch ohne die musikalische Herkunft der Band zu verleugnen.
Mit-Produzent Dave Sitek konnte bei den Aufnahmen, etwa von „Shame And Fortune“, getrost auf die Sounds des letzten TV On The Radio-Albums zurückgreifen, und bei „Dragon Queen“ assistiert Tunde Adebimpe. Trotzdem bitte nicht den Unsinn glauben, man höre hier keine Gitarren. Nick Zinner setzt sein Hauptinstrument nur weniger dominant und insgesamt cleverer ein als sonst.
Etwa in „Dull Life“, das sich in einem enorm fordernden Über-Chorus entlädt. „We sing the nightmare of the lies that you speak, the beast that I lie beneath is coming in“, dröhnt Karen O hier, und wie sie den Refrain variiert, das „Life“ zunächst spöttisch auf den Tresen spuckt, um es danach wieder hedonistisch rauszuschreien- das könnte sie ruhig öfter tun. Mitunter nämlich schmerzt einmal mehr die eindimensionale Repetition, das Statische.
Am besten ist die Sängerin ohnehin in zart hingehauchten Balladen wie „Hysteric“. „Flow sweetly, hang heavy/ You suddenly complete me“- natürlich ein Liebeslied. Aber auch bei den Yeah Yeah Yeahs fügt sich plötzlich alles zusammen. Tanzen könnte die Antwort sein, denken Sie mal darüber nach. (Universal)
Torsten Groß