Will Eisner :: Ich bin Fagin
Lesern von Charles Dickens’ „Oliver Twist“ ist neben der Hauptfigur sicher auch der jüdische Bandenchef Fagin in Erinnerung. Der Romancier hatte in seinem Roman die glühende Judenfeindlichkeit seiner Zeit aufgenommen und Fagin als scheußliche antisemitische Karikatur gezeichnet. Der Godfather des amerikanischen Comic, Will Eisner, war schockiert, als er auf diese eindimensionale Figur stieß. Der Zeichner, der beständig über die jüdische Identität und den Einfluss von Bildsprache auf die Alltagskultur nachdachte, zeichnete zwei Jahre vor seinem Tod ein „wahrhaftigeres Porträt von Fagin“. In dem literaturkritischen Comic lässt er den jüdischen Landstreicher auf seinen Schöpfer treffen, um zu erzählen, „wie er wirklich war und wie sich alles zugetragen hat“. Eisner macht Dickens’ antisemitische Klischeefigur zu einem Menschen wie du und ich, mit guten und mit schlechten Seiten. (Egmont Graphic Novel, 19,99 Euro)