Weyes Blood
„And In The Darkness, Hearts Aglow“ – Kalifornien schimmert
Sub Pop/Cargo (VÖ: 18.11.)
Nach dem Geniestreich: Bittersüßer Seventies-Pop von der großartigen Songwriterin.
Wenige Alben der letzten Jahre wurden so geliebt wie Weyes Bloods „Titanic Rising“. Ein Meisterinnenwerk, makellos, majestätisch. Was kann darauf folgen? Natalie Mering entscheidet sich für Kontinuität, bleibt dem Vibe ihres Geniestreichs treu und gibt sich abermals bittersüßem Seventies-Pop hin: „And In The Darkness, Hearts Aglow“ ist wieder goldener kalifornischer Wohlklang, ein aufrichtiges Schweben und Schwelgen.
So viel Tiefe und Trost in dieser Stimme
Die Instrumente klingen klar und schön, die Arrangements sind opulent, aber nie geschäftig. Mering hat erneut mit Jonathan Rado von der Band Foxygen als Produzent gearbeitet, einem Fachmann für analog glänzende Sounds. Über Piano, Gitarre, Orgel und Harfe thront Merings Stimme, die wirklich zu den großen unserer Zeit gehört. So viel Tiefe und Trost in dieser Stimme. Musik als Trost, als verbindende Kraft, ist ein zentraler Gedanke bei Mering, ein Ausdruck ihrer Spiritualität. „I can’t tell where you end/ Oh, and where I begin“ ist vielleicht der Schlüsselsatz des Albums.
Die Hälfte der Songs laufen um die sechs Minuten, sind Slow Burner, die sich dezidiert gegen algorithmische Verwertbarkeit richten und manchmal drei Minuten brauchen, um zum ersten Refrain zu kommen. Mit diesen Songs will sie auf keine Playlist. Es gibt wenige dynamische oder stilistische Wechsel, und es gibt – das kann man durchaus kritisieren – nicht so viele Melodien, die im Kopf bleiben. Der New-Age-Vogelgesang von „God Turn Me Into A Flower“ fällt ein wenig flach aus, die sechsminütige Soft-Rock-Lappalie „The Worst Is Done“ klingt wie eine ABBA-B‑Seite.
Ein Höhepunkt aber ist „Hearts Aglow“, eine berührende Ballade, mit einer von Merings schönsten Gesangsmelodien, die sich wunderbar aufbaut und in
erhabenem Drama endet, ein Lied, das mit „Titanic Rising“ völlig mithalten kann. Ähnlich der beschwingte Barock-Pop von „Children Of The Empire“. Besonders interessant ist „Twin Flame“, weil sich das Lied – als vielleicht einziges des Albums – vom Einfluss des Vorgängers löst und eine mögliche zukünftige Richtung anzeigt: Merings warme Stimme über einer kalten Drum Machine, minimalistisch und strange. Der Wohlklang wird brüchig, die Stimmung kippt. Fantastisch!