Vashti Bunyan

Die Stimme von Vashti Bunyan ist immer noch so sanft und weich wie das Fell eines kleinen Nagetiers. ­Eigentlich ist es eher ein Hauchen, so als würde jemand im Traum vor sich hinflüstern. Viele kennen inzwischen die Geschichte des Hippie­mädchens, das sich 1967 in einem Pferdewagen aufmachte, zu einer von Donovan gegründeten Kommune auf den Hebriden. Die Songs, die Vashti Bunyan auf dieser Reise schrieb, erschienen 1970 auf dem von Joe Boyd produzierten Klassiker „Just Another Diamond Day“. Eine der zartesten und schönsten Folk-Veröffentlichungen der 60er- und 70er-Jahre. Ihr zweites, opulenteres Album, „Lookaftering“, nahm die Sängerin erst 35 Jahre später auf – mit Hilfe von Fans wie Max Richter, Devendra Banhart und Joanna Newsom.

Und nun, noch einmal neun Jahre später, kommt „Heartleap“ daher wie eine Botschaft aus einer anderen Welt. Deutlich näher am Debüt als am Vorgänger. Vashti Bunyan hat diesmal praktisch alles selbst gemacht: Gitarre, Piano, auch die Aufnahmen und die Produktion. Die Sängerin ist inzwischen fast 70, und dennoch klingt ihre Musik auf eine feenhafte, verspulte Weise frisch. Piano kann sie nur mit einer Hand spielen, deshalb schichtete Vashti Bunyan mit einer Musik-Software Ton für Ton, Akkord für Akkord aufeinander. Weil sie keine Noten schreiben kann, um Musikern möglichst exakt vorzugeben, wie etwas zu klingen hat, zog sie im Titelsong die synthetische einer echten Klarinette vor. Sieben Jahre hat sie zu Hause an diesem Album gearbeitet, zuletzt auch in Studios in Kalifornien, New York und London.

Die Ambient-Band Isan und die Isländerinnen Amiina haben früher ähnlich intime Musik gemacht, voller Glöckchenbimmeln und waldgeisterhafter Stimmungen. Aber wirklich vergleichen kann man das nicht, zu persönlich sind die Texte, aber auch zu eigen die Sounds. „Heartleap“ ist die absolut logische Weiterführung von „Just Another Diamond Day“. Ein wenig Lieblichkeit ist dabei der Weisheit des Alters gewichen.