Various Artists
„Destroy That Boy! More Girls With Guitars“
Mädchen mit Gitarren erfreuen sich seit einiger Zeit wieder ziemlicher Beliebtheit. Die wenigsten von ihnen finden aber, dass sie die Gitarre auch mal in einen Verstärker stöpseln und es einer Lucinda Williams gleichtun sollten. Das war in den 60er Jahren noch ganz anders. Da konnten clevere Entrepreneure und oft blutjunge Manager Mädchen tatsächlich davon überzeugen, dass sie im Zweifelsfall genauso wüsten Garagenrock spielen könnten wie die Animals, Pretty Things, Rolling Stones.
Das waren teils schon ziemlich zwielichtige Figuren, die da auf den British-Invasion-Zug aufsprangen. Sie verfielen etwa auf so aberwitzige Ideen wie George Morton, der die Beattle-Ettes aus der Retorte hob, zwei bis dahin nicht weiter aufgefallene Songschreiber ein Medley aus Fragmenten von „I Saw Her Standing There“, „I Want To Hold Your Hand“ und „She Loves You“ destillieren ließ- und das dann unter dem Titel „Only Seventeen“ veröffentlichte.
Mehr in die Kategorie des damals noch recht beliebten Genres „Antwortsong“ fiel „Help Me Boy“, eine Replik auf die Animals-Single „Help Me Girl“ von den Daughters Of Eve. Zu demselben darf man auch „Skinny Vinnie“ von Goldie & The Gingerbreads rechnen, allerdings eine sehr gemächliche Antwort auf den alten Bill-Haley-Hit.
Mehr Klasse demonstrierten da schon Darlene Love & The Blossoms, die 1963 Duane Eddy bei mehreren Hits begleitet hatten. Es ist eine der professionellsten unter den Aufnahmen auf „Girls With Guitars“ (***), bei denen die Mädchen nicht immer Gitarre spielten. Manchmal bildeten sie auch nur- wie Pat Powdrill & The Powerdrills- vornehmlich ein vorzügliches Vokal-Ensemble.
Zu den prominenteren Bands auf „More Girls With Guitars“ dürften die Liverbirds gehören, die sich hier redlich an Chuck Berry („Talking About You“) und dem Sir-Douglas-Klassiker „She’s About A Mover“ abarbeiten. Ihre beste Aufnahme ist die Antwort auf Eddie Cochrans „He’s Something Else“. Mutig, dass sich Raylene & The Blue Angels 1966 Johnny Kidds „Shakin‘ All Over“ annahmen, die damit in eine männliche Domäne einbrachen. (Ace/Soulfood)
Franz Schöler