U.S. Girls
„Bless This Mess“ – Das Beste geben
4AD/Beggars (VÖ: 24.2.)
Meg Remy mit lebensbejahendem und inhaltlich heftigem Pop
Ihre Kunst speise sich immer auch aus der Konfrontation mit ihren Ängsten, sagt Meg Remy, die Frau hinter U.S. Girls. Nachdem sie 2021 ein Buch über die Folgen des sexuellen Missbrauchs durch ihren Vater veröffentlicht hatte, kommt nun ein Album, das die Angst vor dem eigenen Körper thematisiert. Während der Aufnahmen von „Bless This Mess“ war Remy mit Zwillingen schwanger. Für das Stück „Pump“ hat sie das Geräusch einer Milchpumpe gesampelt. Die Momente, in denen sie an die Apparatur angeschlossen war, seien seltene Gelegenheiten zur Einkehr gewesen, bei denen Gedanken über „bodies, birth, death & machines“ durch ihren Kopf schossen.
Das Pop-Affinste, Tanzbarste, Lebensbejahendste, was die Wahlkanadierin bislang aufgenommen hat
Wer denkt, „Bless This Mess“ sei nun eine zerrissene Reflexion über Isolation, „Regretting Motherhood“ und verkorkste Schönheitsideale, liegt jedoch falsch. Die zehn Stücke sind tatsächlich das Pop-Affinste, Tanzbarste, Lebensbejahendste, was die Wahlkanadierin bislang aufgenommen hat. Schon auf den Vorgängern hat Remy sich, ohne eins zu eins zu zitieren, vor den Großen der Popgeschichte verneigt. Auf dem Major-Debüt aus dem Jahr 2015 war es Bruce Springsteen, auf den beiden Nachfolgern vor allem die Girlgroups der 60er-Jahre. In Songs wie „Tux“ hört man nun Anklänge an Madonna und Disco, den Power-Pop von Robyn („So Typically Now“) oder die britischen Synth-Flaneure Saint Etienne („St. James Way“).
Um lupenreiner Pop zu sein, ist das Konzept natürlich wie immer zu durchdacht, die Lyrics sind zu hintergründig, die aufgeworfenen Fragen zu grundlegend. „Über die leichte Zugänglichkeit soll der Hörer eine doppelte Dosis Inhalte verabreicht bekommen“, sagt Remy. Auch „Bless This Mess“ könnte man mit einer Literaturliste ausstatten. Es geht unter anderem um das Muttersein in Nordamerika, um Gentrifizierung, Konsumismus und ein bisschen um griechische Mythologie. Der pianogetragene Titelsong, der sich auch in einem Musical als Einleitung für die große Katharsis eignen würde, fordert schließlich das Loslassen ins Leben: „I heard from God and she said/ ‚I bless this mess/ Goddamn, you’re doing your best!/ I see you’re doing your best.‘“