Two Gallants
What The Toll Tells
Ein musikalischer Spätwestern voller Blut, Schweiß, Whisky und Tränen
Der Wind pfeift durch Las Cruces, weht einem Mann die Haare ins schweißnaße Gesicht. Er wartet auf seine Hinrichtung, flucht auf den Gouverneur, der ihn nicht begnadigen will, bittet seine Andalusia, nicht alle Lügen zu glauben, die man über ihn erzählt. „I’ll keep you in my collection of regrets“, verspricht er, zeigt aber keine Reue. Adam Stephens‘ Stimme ist kratzig, seine Gitarre ungestüm, Tyson Vogels Schlagzeug rumpelt, und ein Mann baumelt im grellen Sonnenlicht am Galgen.
Wie in „Las Cruces Jail“, einem rauhen Countrypunk, dessen Strophen übrigens eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem plattdeutschen Volkslied „Von Herrn Pastor sin Kauh“ aufweisen, erzählen die Two Gallants auf “ What The Toll Tells“ immer wieder von der Sehnsucht der Rast- und Gesetzlosen, von unbehausten, verlorenen Seelen, von Tod und Teufel. Neun Songs hat das Duo zusammengetragen ausgemergelte, von der Sonne gegerbte Nummern, die alle kein Gramm zu viel auf den Knochen haben. Und das, obwohl sie selten unter fünf Minuten lang sind. Songs, die mit einer furchtererregenden Eindringlichkeit Punk und Blues, Folk und Rock aufarbeiten und die White Stripes mit Bob Dvlan versöhnen.
Daß nun hinter diesen rohen Stücken Musik, den nach Blut und Schweiß, Tränen, Whisky und Erde schmeckenden Geschichten zwei Knilche aus San Francisco stecken, die gerade Anfang 20 sind, macht dieses Album noch unfaßbarer. „I come from the old times, baby/ Too late for you to save“, behauptet Stephens in „Steady Rollin“‚, einem herrlich vor sich hin torkelndem Song. „Some Slender Rest“
bekennt sich zwar zur Sehnsucht nach Nähe, nach Ruhe und zum Versuch, dem Ruf der Straße zu widerstehen, macht sich aber nach sieben Minuten doch desillusioniert aus dem Staub, und nur die Mundharmonika spielt weiter ihr trauriges Lied.
Während die Two Gallants bei dem kruden Stilmix „16th St. Dozens“ Lust am Absurden beweisen, kommen die Epen „Threnody In Minor B“ oder „Waves Of Grain“ wie die Wiedergeburt des Countryblues aus dem Geist des Stoner Rock daher. „What The Toll Tells“ ist ein wunderbar zähes Meisterwerk, an dem man noch lange zu kauen haben wird, (SADDLE CREEK/INDIGO)