„I was looking forward to see where I was going/ But I don’t know if I can make it/ No, I don’t know if I could,“ heißt es in „Hollywood“. Folgt man seiner eigenen Auslegung, hat Tobias Jesso Jr. es nicht geschafft. Der aus Vancouver stammende Songwriter war vor einigen Jahren nach Los Angeles gezogen, um sich seinen Traum vom Leben als Musiker zu erfüllen. Tatsächlich bekam er dort keinen Fuß auf den Boden, durchlebte eine Trennung und erfuhr, dass seine Mutter an Krebs erkrankt war. Also zog er in aller Eile und unverrichteter Dinge zurück in die Heimat, wo er begann, Lieder über sein Scheitern in L.A. zu schreiben, über Krokodilstränen und vergebliche Liebesmüh.

Aus der Not heraus komponierte er am Klavier seiner Schwester, das diese nach ihrem Auszug im Elternhaus zurückgelassen hatte und das er erst einmal für sich entdecken musste, genau wie seine Singstimme. Erste Demos schickte er Chet „JR“ White, ehemals Bassist der US-Indie-Rockband Girls, der alsbald Produzent seines Debüts werden sollte – neben Grammy-Gewinner Ariel Rechtshaid, Patrick Carney von den Black Keys und John Collins von den New Pornographers. Die verliehen seinen herzerweichenden, -erwärmenden und -zerreißenden Balladen einen klassischen Sound, der sie authentisch wirken lässt; den unverblümten, scheinbar naiven Texten kommt das ebenso entgegen wie den schlicht schönen Melodien.

Jessos Stimme wiederum erinnert hier und da an John Lennon, etwa in „Without You“; die zeitlos-süffigen Arrangements lassen aber auch an eine Traditionslinie von Harry Nilsson über Nick Drake bis zu Ron Sexsmith denken, wenn das einsam klagende Klavier Trost bei Gitarre, Bass, Schlagzeug und Streichern findet. Hoffnungslos romantisch ist „Goon“, melancholisch und nostalgisch. Was für ein Glück, dass es das Schicksal mit Tobias Jesso Jr. in Kalifornien nicht gut meinte. Sonst hätte er es wohl nie so weit gebracht wie mit diesem anrührenden Album.