Throwing Muses
„Moonlight Concessions“
Cargo (VÖ: 14.3.)
Rätselhaft schönes Comeback der Indie-Legende.

Eine lange Geschichte, kurz erzählt: Kristin Hersh gründete mit ihrer Stiefschwester Tanya Donelly 1980 die Throwing Muses. Ihre Musik ist roh, sie bebt vor unbewältigten Emotionen, ist introvertiert, surreal, steht immer kurz vor der Explosion. Wie andere Post-Punk-Bands ihrer Zeit setzen sie auf düstere Atmosphäre, kombiniert mit komplexen, schiefen Arrangements. Das britische Indie-Label 4AD nimmt sie als erste US-Band unter Vertrag. Donelly sucht sich 1992 eine neue Herausforderung (Belly), Hersh findet ihren eigenen erfolgreichen Weg als Solo-Musikerin. Die Throwing Muses will sie nicht aufgeben.
Skizzenhafte Ausschnitte aus dem Alltag in der Tradition großer amerikanischer Kurzgeschichten
Nach „Purgatory/Paradise“ (2013) und „Sun Racket“ (2020) gibt es nun eine weitere Rückkehr – und was für eine. Erneut dominieren skizzenhafte Ausschnitte aus dem Alltag in der Tradition großer amerikanischer Kurzgeschichten, mal zärtlich, mal schroff erzählt. Gleich der Auftakt, „Summer Of Love“, ist verschleppter, aufs Gerippe abgenagter Power-Pop mit barockem Einschlag. „I owe you a buck/ Shut down/ All that glitters isn’t good/ Really truly ain’t a walk of shame/ But a summer of love“, singt Kristin Hersh. Diese Songs sind entwaffnend, Kurzbesuche in konkreten und mentalen Landschaften.
In „Theremini“ verschwören sich die Saiteninstrumente gegen die Sängerin, es öffnet sich ein dunkler (Moog-)Bau. „Question: What happened?/ Answer: Everything.“ Einiges erinnert an die Anfangsjahre der Muses, doch nostalgisch ist hier nichts. Erstaunt folgt man dem Akustikgitarren-Tornado von „Drugstore Drastic“. Keines der schief grinsenden, esoterisch aufgeblasenen Stücke braucht mehr als drei Minuten, um ins Ziel zu gelangen. Auf „Moonlight Concessions“ ist alles klar und deutlich, und es bleibt die Erkenntnis: An manchen Orten leuchten die Sterne einfach anders.
Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 4/25.