The Smile

„Cutouts“

XL/Beggars (VÖ: 4.10.)

Neues aus Thom ­Yorkes Elfenbeinturm.

Das zweite Album des Radiohead-Ablegers innerhalb eines Jahres ist ein guter Anlass, mal über die aktuelle Bedeutung von Genres wie Prog- und Art-Rock nachzudenken. Über die Frage, wie man als Hörer mit einer Musik umgeht, die mehr sein will als Begleiterin im Alltag oder Animateurin zum körperlichen Ausagieren. „Cut­outs“ ist dabei filigraner und ätherischer als der sehr gute, manchmal auch regelrecht zupackende Vorgänger, „Wall Of Eyes“.

Wenn The Smile pianodurchwebte Klangflächen sacht verschieben und die synthetischen Streicher seufzen lassen („Tip­toe“), wirken Thom ­Yorke, Jonny Greenwood und Tom Skinner wie Kunstmaler in einem romantisch entrückten Elysium. Wenn der Bass führt, die Gitarre kratzig wird und der Jazz-erfahrene Schlagzeuger Skinner die Synkopen wirbelt, so wie in „The Slip“, dann entwickelt sich sogar eine kunstvolle Form von Funkiness. Gekonnt ist eben gekonnt.

Eine Erzählung in Klängen, wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht

Aber genau das wird The Smile (wie auch Radiohead) gelegentlich zum Problem: Zu große Kunstfertigkeit degradiert den Hörer zum Empfänger und Bewunderer. Manchmal, etwa bei „Bo­dies Lau­ghing“ – mit „Colours Fly“ und „Zero Sum“ einer der besten Songs von „Cut­outs“ –, ist das sogar sehr angenehm. ­Yorkes markante Kopfstimme verliert sich in einem Labyrinth aus Gitarren-Arpeggios, der Rhythmus ist ein arabeskes Drängen, Keyboardflächen heben und senken sich wie fliegende Teppiche. Eine Erzählung in Klängen, wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht – aber keine intellektuelle Herausforderung wie „Voi­ces Of Bi­shara Live At ‚Mu‘“, die im April veröffentlichte Live-Version des exzellenten Soloalbums von Tom Skinner.

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Denn das ist halt ein Jazz-Album, das dazu einlädt, einen gemeinsamen, sehr gegenwärtigen Raum zu betreten. „Cut­outs“ entführt einen eher in imaginäre schwebende Landschaften. Trotzdem: Auch das dritte Album von The ­Smile ist wieder absolut hö- renswert. Man sollte allerdings ein Faible fürs kosmisch Entrückte haben.