Sie haben es wieder getan. Wie jedes Peppers-Album der CD-Ära ist auch dieses hier zu lang. Maximal zwölf Songs waren geplant, nun sind es doch wieder 14 geworden. Ein Umstand, aus dem folgendes Problem resultiert: Nach tollem Auftakt mit dem Disco-Rock „Monarchy Of Roses“ schalten die Red Hots in der ersten Hälfte von „I’m With You“ zu oft auf Autopilot, generieren liebliche Melodien mit wenig Biss. Ein Verdikt, das für „Factory Of Faith“, „Ethiopia“ und „Annie Wants A Baby“ gilt. Außerdem für den Nummer-sicher-Funk-Pop der ersten Single, „The Adventures Of Rain Dance Maggie“, und „Look Around“ – ein allzu routiniert vorgetragener Funkrock.

Die gute Nachricht: Viel mehr Schlechtes gibt es über „I’m With You“ nicht zu sagen. Denn auch wenn die Band bei Produzent (wie immer Rick Rubin) und musikalischer Ausrichtung teilweise auf allzu Durchgeleiertes setzt, sind das hier trotzdem nicht mehr die auf hohem Niveau stagnierenden „Stadium Arcadium“-Peppers. Was natürlich, und damit kommen wir zur entscheidenden Frage, vor allem am Frusciante-Nachfolger Josh Klinghoffer liegt. Trotz einiger Soloausflüge ist der Neue weniger Virtuose als Frusciante. Der 31-Jährige stellt sein Spiel ökonomisch in den Dienst der Mannschaft. Was eigentlich bedeutet: Josh Klinghoffer ist kein Rock-Gitarrist. Vielmehr ein soundversessener Allrounder, der dieser Platte auf unaufdringliche Weise eine eigenen Farbe verliehen hat.

Deutlich wird das unter anderem im fantastischen „Brendan’s Death Song“. Die Ode an einen verstorbenen Freund der Musiker, den Punk-Impressario und Autor Brendan Mullen, beginnt als gepickte Gitarrenballade mit sehnsuchtsschwerer Kiedis-Melodie und steigert sich zu einem kontrollierten Gitarreninferno. Im sehr guten „Did I Let You Know“ holt Flea dann die Trompete raus, befeuert einen furiosen Afrobeat mit sommerfrischen Jazz-Sprenkeln. Und das muskulöse „Goodbye Hooray“ überzeugt mit Klinghoffer-Sperrfeuer und Dreampop-Klavier. „Happiness Love Company“ schließlich ist ein madnessartiger Ska-Pop.

Rick Rubin erzählt ja jedes Mal, Anthony Kiedis habe noch nie so gut gesungen wie auf der jeweils aktuellen Platte, diesmal hat er sogar recht. So wissen wir zwar nicht, ob „Even You, Brutus“ auf Frusciante gemünzt ist, können aber sagen, dass der alternde Gockel Kiedis hier wie auch in „Police Station“ das komplette Balzarsenal auffährt und so herrzerreißend zu Shangri-Las-haften Chören barmt, dass man glatt geneigt ist, ihm die Nonsense-Texte zu verzeihen.

Klinghoffers Geisterchor in „Meet Me At The Corner“ und das solide „Dance, Dance, Dance“ beschließen eine insgesamt frische und überraschend positive Peppers-Platte. Sollten Sie angesichts des nahenden Herbstes Trübsal blasen, halten Sie sich also ruhig an „I’m With You“. Oder kriegen Sie Kinder, denn da kommt laut Kiedis die neu gewonnene Lebensfreude her.

Beste Songs: „Even You, Brutus“, „Brendan’s Death Song“