The Raconteurs – Consolers Of The Lonely
Der Blues ist die Heimat der Wiederholungstäter, „I’m not sure if there’s a point to this story/ But I’m going to tell it again/ So many other people tried to tell this tale/ Not one of them knows the end“, macht Jack White klar, während sich die Gitarren noch durch den Nebel wühlen, der „Carolina Drama“ zunächst umgibt. Wo es enden wird, dieses Blut triefende Rache-Epos, das vom jungen Billy erzählt, der den Lover seiner Mutter mit einer Milchflasche tot schlägt, wisse er nicht, behauptet White, als der Song von einem knarrenden Beat angetrieben und von engelhaften Chören begleitet langsam zur Hymne anschwellt.
Für den Ausgang ihrer die Freiheit liebenden Storys (die immer wieder mal Zwischenstopp in irgendeiner Gefängniszelle einlegen müssen), scheinen sich die Raconteurs tatsächlich selten wirklich zu interessieren. Jack White und Brendan Benson, die Songwriter dieser kauzigen Supergroup des Bluesrock, amüsieren sich auf „Consolers Of The Lonely“ viel zu sehr dabei, ihr heimisches Mobiliar – hier der ächzend-krächzende Garagenblues, dort die harmoniesüchtigen Rock-Dramen – kurz und klein zu hauen, in einem Freudenfeuer abzufackeln und wie schon beim Raconteurs-Debüt „Broken Toy Soldiers“ das Gesamtwerk von Led Zeppelin als Brandbeschleuniger darüber zu schütten.
Die Gitarrenriffs fliegen einem diesmal noch gewaltiger um die Ohren. Benson und White ergänzen sich noch besser. Benson schafft es. White-Krachern wie „Five On The Five“ ein paar Ecken weiter zu denken, und White kriegt es immer wieder hin. Bensons Songs kräftig eins draufzugeben, bevor sie zu schwülstig werden. Da wird „Many Shades Of Black“ nicht nur mit den Mariachi-Trompeten (geborgt vom White-Stripes-Album „Icky Thump“), sondern auch mit einem abstrus fiependen Solo aufgemotzt. „Pull The Blanket Off“ holt zwar ganz tief Luft, um sich zum Southern-Rock-Epos aufzublasen, wird aber nach nicht einmal zwei Minuten als Fragment wieder fallengelassen.
Während The Raconteurs in der Mini-Rockoper „Rieh Kids Blues“ vor allem ihrer anderen Lieblingsband The Who huldigen, halten letztlich nur Led Zeppelin-Anleihen das Album zusammen – vom störrischen Riff von „Consoler Of The Lonely“ bis zur Dramaturgie der allegorischen Ballade „These Stones Will Shout“. Brüche muss man dennoch aushalten können auf dieser Platte, die für den überspannten Garagenrock von „Salute Your Solution“ genauso einen Platz bereit hält wie für die Klavierballade „You Don’t Understand Me“. das folkloristische „Old Enough“, das Westernepos „The Switch And The Spur“ und der Punkrockheuler „Hold Up“.
Wie das alles zusammenpasst, sollte man Jack White jedoch besser nicht fragen, wie er verrät, während in „Carolina Drama“ die letzte Gitarre ausklingt: „Now you heard another side to the story/ But you wanna know how it ends/ If you must know the truth about the tale/ Go and ask the milk man!“