The National: „Laugh Track“ – Alles nochmal intensiver
4AD
Nur fünf Monate nach dem letzten Werk veröffentlichen The National ein neues Album – und finden in intuitiven Live-Sessions zu sich selbst zurück.
Überraschung: The National haben ein neues Album veröffentlicht. Auf „Laugh Track“ sind Lieder, die zur selben Zeit entstanden sind wie das im April 2023 erschienene „First Two Pages Of Frankenstein“. Jenes Album markierte einen Neuanfang – die Zukunft von The National war vor dem Hintergrund u. a. von Matt Berningers psychischen Problemen eine Zeitlang ungewiss gewesen.
Waren Berningers Texte dort eine Inventur des Verlustes, dokumentieren sie auf „Laugh Track“ eine vorsichtige Öffnung. Es geht um Nähe, zum Beispiel zu seiner Band. „I’ve gone off the deep end“, singt er in dem euphorischen „Deep End“, „The ringing in my ears sounds like singing / It’s the only thing I hear / I just cling to it / I just listen“. In dem Lied liegt Berningers ganze Sehnsucht nach menschlicher Verbindung, die auf „Laugh Track“ einer dissoziierten Welt gegenübersteht.
Etwas dissoziiert war in der Vergangenheit offenbar auch die Arbeitsweise von The National. Anstatt gemeinsam aufzunehmen, entstanden die Songs der Band aus Playbacks, die Aaron Dessner entwarf und von seinen Kollegen umsetzen ließ – eine gewisse Eleganz in der Musik von The National erklärt sich so. Übrigens bekam auch Taylor Swift von Dessner solche Playbacks, aus denen „Folklore“ wurde – das Album, das Dessner zum Starproduzenten machte. Es ist eine legitime Art der Musikproduktion.
Doch für eine neue Gemeinsamkeit brauchten The National das direkte Miteinander. Die Band probte die neuen Lieder bei ausgedehnten Soundchecks und nahm sie schließlich bei Tucker Martine in Portland auf. Man spürt das Gleichzeitige und das vorsichtig Unkontrollierte, und man spürt alle The-National-Gefühle intensiver als zuletzt. Nicht, dass The National jemals herzlos gewesen wären, aber hier finden sie ihr Herz wieder.
Bei einem Lied singt Rosanne Cash mit; auch Justin Vernon und Phoebe Bridgers sind dabei. Aber die Features spielen kaum eine Rolle; hier geht es um die Band. Schön zu hören bei dem abschließenden „Smoke Detector“, eine fast acht Minuten lange, bei einem Soundcheck aufgenommene Improvisation, die vor unseren Ohren zu einem Lied wird.