The Minus 5
„Killingsworth“
Der Mann lebt für die Musik, rund um die Uhr. Seit 28 Jahren führt Scott McCaughey die Young Fresh Fellows an. Darüber hinaus hilft er gern Freunden, live und im Studio, etwa R.E.M. seit „Monster“, Robyn Hitchcock, Mudhoney, den Walkabouts, Wilco, Pete Yorn oder John Wesley Harding. Und er fabriziert Songs wie andere Leute Twitter-Banalitäten. Die Fellows reichen für den Output nicht annähernd, darum gönnt sich „McCoy“ seit 1992 nebenher dieses Musiker-Kollektiv mit wechselnden Assoziierten.
Für die Sessions des achten Albums von The Minus 5 brachte Buddy Peter Buck (R.E.M.) wieder die Twelvestring mit und Kumpel John Moen (Ex-Dharma Bum) alle Decemberists. Und damit Dynamik aufkommt, fand sich noch fast die komplette Musikszene Portlands ein: die Band von M. Ward, Willy Vlautin (Richmond Fontaine), Timothy Bracy von Mendoza Line. Doch es entstand kein amorphes Patchwork, sondern ein Album aus einem Guss.
Zu verdanken ist das der Klassiker-Qualität der folkigen Nummern, der Kompetenz der Instrumentalisten, der zugewandten Attitüde bei den Aufnahmen- und den Vokal-Beiträgen der Shee Bee Gees. Die vier Frauen sorgen mit Co-Leads und Backgrounds dafür, dass nicht allein wunderschöne Verbeugungen vor Byrds, Buffalo Springfield oder The Band zustande kamen, sondern der Klang fein oszilliert zwischen Mamas &-Papas-Sonnigkeit, The Seekers-Pop-Appeal und Dixie Chicks-Bravado- jeweils plus maskuline Note.
Was da so fröhlich mit Steelguitar, Banjo, Mandoline, Akkordeon oder Hackbrett ins Ohr pluckert, strotzt zudem nur so vor McCoyschem Hintersinn. „Your wedding day was so well planned, like a german invasion“, frotzelt der Sarkast in „Dark Hand Of Contagion“, auch die Stalker-Ballade „The Lurking Barrister“, der doppelbödige Choral „I Would Rather Sacrifice You“ oder das Quasi-Liebeslied „Your Favorite Mess“ haben die Zunge in der Wange. Spaßbetont, smart, beseelt, zugänglich- so hätte sich ein drittes Album der Traveling Wilburys anhören können. (Cooking Vinyl/Indigo)
Rüdiger Knopf