THE JESUS AND MARY CHAIN – Munki :: CREATION/SON Y MUSIC

Kleiner Geschichts-Exkurs in Sachen „Creation“ gefällig? Als Alan McGees Lebenswerk noch ein, wie man so sagt, „rühriges Kleinst-Label“ war und vom Glasgower Wohnraum aus geleitet wurde, verpackten Jim und William Reid dort ihre 7″-Cover für „Upside Down“. Ihre Debüt-Single verkaufte sich schneller, als sie falten konnten, und ist heute ein paar Pfund wert. Das Aufregendste in der Populärmusik seit den Sex Pistols, so juchzte der Blätterwald – The Jesus & Mary Chain verfügten über Candyriegel-süße Sixties-Melodien, die man aber zunächst kaum wahrnehmen konnte, weil sie bestialischen Feedback-Lärm darüberlegten. Ihre Gigs, kaum länger als 20 Minuten, endeten schon mal mit handfesten Krawällchen. Und weil McGee kein ganzes Album finanzieren konnte, wechselten sie schließlich zur WEA.

Alan McGee, der ihr Manager blieb, verdiente indes dann irgendwann viel, viel Geld mit so einem anderen Brüderpaar (diesmal aus Manchester) und kann seinen Buddies nun, da sonst niemand mehr Interesse zeigt, wieder selbst unter die Arme greifen. Ian Reid ist schon ein wenig neidisch. „Oasis haben genau das erreicht, was wir in den Mitt-Achtzigern versucht hatten.“ Der Erfolg der Gallaghers finanziert also jetzt die angeschlagenen Vorbilder.

„Munki“, Album Nummer sechs, beginnt mit „I Love Rock’n’Roll“ (Theorie) und endet mit „I Hate Rock’n’Roll“ (Praxis: „I love MTV/ Love it when they’re shittin‘ on me…“). Verwegen zu denken, The Jesus & Mary Chain hätten eine neue Hitformel für ihre Songs erstellt. Danach wurde natürlich gar nicht erst gesucht Aber kann man einem ans Herz gewachsenen Dir-könnt-mich-alle-nial-Surf-Noise-Pop ablehnen? Songs wie „Fizzy“, die klingen, als würden Dinosaur Jr. noch einmal The Cure covern? Nein, auch in zehn Jahren nicht. Und Geschichten über junge Damen, die sich ,Jike a car crash“ gebärden, sind immer willkommen. Ein Song heißt „Never Understood“ (die zweite JAMC-Single war seinerzeit „Never Understand“), andere sind schelmisch „Mo Tucker“ und „Supertramp“ („T. Rex“ wäre passender!) betitelt Erfrischend zu Werke geht Trompeter Terry Edwards, und die Brüder gewährten auch ihrer Schwester Linda singenderweise Einlaß ins Studio, ebenso wie Williams Hin-und-wieder-Lebensgefahrtin Hope Sandoval, unserer Lieblings-Transuse von Mazzy Star.

Dennoch darf gemäkelt werden: Dem einen oder anderen Stück hätte die Durchschnittslänge von früher höchstens zwei Minuten – gutgetan, heute finden die Mary Chains manchmal gar keine Ende mehr. Auch gruftein sie viel zu sehr – so als gäbe es einen Garbage-Nachwuchswettbewerb zu gewinnen. Man sagt, ursprünglich sollte JWunki“]n nur drei Wochen eingespielt werden – daraus wurden über drei Jahre. Wohl die falsche Entscheidung. Als „ganz normale“ Rockband gelten The Jesus & Mary Chain ohnehin spätestens seit 1989 und Automatic 1 ‚. Glücklicherweise ist dies mitnichten so etwas wie eine Sex Pistols-Reunion. Und Supertramp sind die Gebrüder Reid auch nicht.

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