The Doors: „L.A. Woman“ – grandios und gleichzeitig kaputt
Jubiläumsbox mit wunderbar fließenden Outtakes
Es ist unmöglich, nicht in Konjunktiven zu denken, wenn es um „L.A. Woman“ geht. Was hätte aus den Doors noch alles werden können, wäre ihr Sänger Jim Morrison nicht zweieinhalb Monate nach der Veröffentlichung am 3. Juli 1971 in Paris gestorben? Wie hätten sie weitergemacht, wie viele famose Songs wären noch entstanden? Einen Eindruck, wie grandios und gleichzeitig kaputt die Band war, vermittelt die neue Edition zum 50-jährigen Jubiläum des sechsten und letzten Studioalbums.
Die Doors nahmen „L.A. Woman“ Ende 1970 ohne ihren Produzenten Paul Rothchild auf, der die neuen Songs für „Cocktail-Musik“ hielt, und hatten im Proberaum nur Tontechniker Bruce Botnick dabei. In der Konstellation fühlten sie sich offensichtlich wohl, die Jams wirken beseelt und entspannt. Für das 3-CD/1-LP Boxset, das auch das Originalalbum und eine von Botnick remasterte Version enthält, wurden mehr als ein Dutzend Session-Outtakes ausgegraben, darunter einige fast endlose Versionen: An die 27 Minuten grooven sie sich durch „The Changeling“, 21 durch „Love Her Madly“, 23 durch „Been Down So Long“. Es bricht einem das Herz, wie gut Morrison den düsteren Blues singt, genau wie die leichteren Stücke – und wie alt er klingt, nicht wie ein 26, 27-Jähriger, sondern wie einer, der schon viel zu viel erlebt hat.
Und doch ist da diese enorme Kraft und die Freude am Spielen. Morrison, John Densmore, Robby Krieger und Ray Manzarek, verstärkt durch Gitarrist Marc Benno und Bassist Jerry Scheff, drehen Schleifen und scheinen ihre eigenen Songs zu umgarnen. Sie wollten nicht Take um Take neu ansetzen, sondern aus einem langen Loop etwas Essenzielles gewinnen. Zwischendurch spielen sie sich mit Coverversionen von John Lee Hooker („Crawling King Snake“) und Allen Toussaint („Get Out Of My Life, Woman“) warm, auch alles wunderbar, aber natürlich fließt nichts so herrlich dunkelfunkelnd wie „L.A. Wo man“ und dräut nichts so faszinierend wie „Riders On The Storm“. Ach, was hätte werden können … (Rhino/ Warner)