The Cure

Pornography

1982 veröffentlichten The Cure ihr viertes Album, das damals ein Misserfolg war und heute als Meilenstein des Gothic-Rock gefeiert wird.

Wie perspektivlos schon die ersten Songzeilen sind: „It Doesn’t Matter If We All Die“, singt Robert Smith in „One Hundred Years“, jenem Lied über 100 Jahre Krieg und Genozid.

The Cure galten als „Vorreiter des Gothic-Rocks“. Sie galten als der reine Horror. Drei Leute auf dem Plattencover von „Pornography“. Schemenhaft, verschmiertes Make-Up. Instrumente, Gitarre, Bass, Synthesizer, Drumcomputer, die so gleichberechtigt klangen wie selten etwas danach oder davor.

Auf dem Album war Platz für viele Sekunden, in denen nur der militärisch wirkende Takt der Maschine zu hören ist. Auf keinem zweiten Cure-Werk gibt es so viele Pausen, so viele Anläufe. So viele Alleingänge der Instrumente.

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Wie etliche einflussreiche Alben wurde auch „Pornography“ nach Erscheinen im Mai 1982 als Misserfolg gewertet. Den LSD-erprobten Robert Smith, 23, betrachtete man als erledigt.

Schlagzeuger Lol Tolhurst sagte: „Wir wollten das ultimativ intensive Album aufnehmen. Ich weiß auch nicht mehr genau, wie, aber es war uns gelungen.“

Als Lyriker war Robert Smith, der seine eigenen Texte immer etwas abschätzig als Fantasien abtat, in den acht Songs äußerst fantasievoll, aber auch konkret.

Der Blinde Mann

„I Can Never Say No To Anyone But You“, heißt es in „The Figurehead“, ein Lied über seine Abhängigkeiten. „In The Hanging Garden Wearing Furs and Masks“ ist so einfach formuliert und klingt doch so hart wie der Anfang einer Geschichte von E.A. Poe.

„A Strange Day“ behandelt die von Smith oft aufgegriffene Angst auf gebrandmarkte Menschen zu treffen, die ihn in den Wahnsinn treiben: „Give Me Your Eyes That I Might See / The Blind Man Kissing My Hands“.

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Ein Höhepunkt bleibt natürlich „One Hundred Years“. Ein assoziativ geschriebenes Gedicht, das sich zwischen steril und blutig nicht entscheiden will. „Just a Piece Of New Meat In A Clean Room / The Soldiers Close In Under A Yellow Moon“ oder „Meet My Mother / But The Fear Takes Hold“.

Es ist ironisch, dass Smith mit „One Hundred Years“ auf „Pornography“, dem Album über seine persönliche Hölle, eines der größten, vielleicht das einzig bedeutende Cure-Statement zu Kriegspolitik veröffentlicht hat.

Das Heilmittel finden

Auf der letzten Tournee war das zu bestaunen: Der Beat von „One Hundred Years“ setzte ein, und auf der Videoleinwand gab es Einspielungen von Soldatenaufmärschen und Raketentests. „Pornography“ hat sich längst von seinem Schöpfer gelöst und ist ein Kommentar geworden.

Dabei war die Platte weniger todessehnsüchtig, als es schien. Vielleicht ja lebensbejahend. Die letzten Worte auf dem Album lauten „I Must Fight This Sickness, Find A Cure.“ Die Band, The Cure, neu denken.

Bereits ein halbes Jahr nach „Pornography“ brachte Robert Smith mit „Let’s Go To Bed“ seine erste richtige Pop-Single heraus.