The Black Crowes
Before The Frost … Until The Freeze
Man sieht einem guten Handwerker gern bei der Arbeit zu. Vermutlich weil er ein Prinzip der Zeitlosigkeit verkörpert, das uns mit der eigenen Sterblichkeit versöhnt. Er wendet Kulturtechniken an, die viele Generationen älter sind und älter werden als er selbst, in seiner Person offenbart sich gelingende Tradition und somit eines kleines Stückchen Transzendenz im Profanen. Und damit ist denn auch schon fast alles gesagt über die Qualität der Black Crowes.
In Woodstock, im Studio von Levon Helm, hat man dieses Album aufgenommen, noch dazu quasi-live, also „vor ausgewählten Fans und Freunden“. Deren loyaler, aber unpenetranter Applaus am Ende jedes Stücks verleiht dem Album dann auch jenes letzte Gran an Intimität, das man sich gewünscht hat. Klar, was hier gespielt wird, gute alte Americana-Hausmusik im Schatten des Big Pink. Die Black Crowes haben mit diesem Doppelalbum – das zweite, „… Until The Freeze“, gibt es zum kostenlosen Download durch einen Zugangscode auf der CD – einmal mehr ihre berechtigten Ansprüche auf das Erbe von The Band formuliert. Und erneut tun sie es mit einer Überzeugungskraft, der man anmerkt, dass sie genau das machen, was sie wollen. Da stimmt eben nicht nur die Imago – Bärte, Wildlederjacken mit Schafffellbesatz und der Holzstapel vorm Eingang des Blockhauses -, die Band trifft mit ihrer homogenen, beinahe organischen Verbindung aus Soul, Folk, Blues und Rock’n’Rock, der sich auch schon mal mit ein paar Socken im Schritt
herausputzt, diesen Sehnsuchtssound, diesen akustischen Wachtraum vom großen, mythischen Amerika, in dem es noch Freiheit und richtige Winter gab.
Das ist Musik aus einem anderen für ein anderes Jahrhundert – und die Suggestion gelingt folglich immer dann am besten, wenn man ihr die Historizität fast schon nicht mehr anhört, wenn die schweren elektrischen Geräte mal stehen gelassen oder zumindest doch ergänzt werden durch ein Piano, eine Geige, akustische Gitarre oder Mandoline, die dann imdichten Zusammenspiel noch einmal eine ungeschichtliche Pionier-Idylle evozieren – wie in der schlicht zu Tränen rührenden, der Grandiosität des Naturerlebnisses hinterherschmachtenden Folk-Elegie „Last Place That Loves Lives“. Die Black Crowes sind großartige Handwerker.
Frank Schäfer