The Beach Boys
„Sail On, Sailor“
Capitol/Universal (VÖ: 2.12.)
Die letzten beiden Großwerke mit vielen Beigaben
Nachdem sie Ende der Sechziger durch das Tal der Uncoolness hatten gehen müssen, ging es für die Beach Boys mit dem recht erfolgreichen „Surf’s Up“ (1971) wieder bergauf. Doch die Band war heillos zerstritten, Dennis Wilson stieg mehrmals aus, und Bruder Brian dämmerte nur noch vor sich hin. Der gar nicht so heimliche Bandleader Carl Wilson hoffte wohl auf so was wie den Billy-Preston-Effekt (vgl. Peter Jacksons „Get Back“), als er mit dem Sänger und Gitarristen Blondie Chaplin und dem Schlagzeuger Ricky Fataar von der südafrikanischen Band The Flames frische Leute in die Band holte.
Zwischen Banalität und Genialität
Tatsächlich trugen die beiden einen großen Teil zur ungewohnten Lässigkeit, Soulful- und Funkiness von „Carl And The Passions – ‚So Tough‘“ bei. Das Album blieb kommerziell allerdings hinter den Erwartungen zurück, und die Plattenfirma Reprise forderte eine Hitsingle, die der einst in „Smile“-Zeiten vom Hof gejagte Van Dyke Parks aus Brian Wilson herauskitzelte. Das von einem Boogie-Klavier angetriebene Ergebnis, „Sail On, Sailor“, wurde eine mäßig erfolgreiche Single und ein wirkungsvoller Eröffnungssong des nächsten Albums.
Auf ihrer Europatournee hatte die Band eine Liebe für die Niederlande entwickelt. Sie blieb dort ein halbes Jahr, um in einer zu dem Dörfchen Baambrugge gehörenden Scheune das hübsche „Holland“ aufzunehmen, dessen Herz entgegen dem Titel eine warme Reminiszenz an ihre Heimat ist: die dreiteilige „California Saga“. Selbst der flugscheue Brian Wilson schaffte es über den Atlantik und überwachte die Aufnahme seines zwölfminütigen musikalischen Märchens „Mount Vernon And Fairway“, das „Holland“ als EP beilag und lustig zwischen Banalität und Genialität hin und her pendelt. Die Super-Deluxe-Edition des Boxsets „Sail On, Sailor“ bietet nun die Remasters der letzten beiden großen Beach-Boys-Alben inklusive Bonustracks, ein Konzert aus der Carnegie Hall vom November 1972, das den Kauf wirklich lohnt, und viele Outtakes (die bei der LP-Version fehlen).