Temples

Hot Motion

Die Briten paaren ihren Retro-Psych-Rock mit sanftem Pop

Retro-Musiker bugsieren sich oft von selbst in eine Ecke, aus der sie dann schwer wieder rauskommen. Sie empfinden den Stil einer Epoche nach, bewegen sich also in einem klar definierten Zeitfenster. Eine Weiterentwicklung kennt Retro eigentlich nicht; man kann sich jetzt schon vorstellen, wie etwa das zweite Album der als „Rock-Hoffnung 2018“ gefeierten Band Greta Van Fleet klingen wird.

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Temples waren „die Rock-Hoffnung 2014“, auch sie galten als Sixties-Gruppe fürs neue Jahrtausend, und das zu Recht. Das psychedelische „Sun Structures“ paarte Orkan-Härte mit fatalistisch-melancholischen Melodien und hatte nur Hits. Der Nachfolger, „Volcano“, bewies 2017 mit seinem Bubblegum-Pop, dass auch Temples sanften Veränderungen gegenüber aufgeschlossen sind.

Auf dem dritten Album verweilt das britische Quartett zwar in der Retro-Nische der Schlaghosen und Hasch-Schwaden, führt jedoch die zuletzt eingeschlagene, softere Richtung fort. Mag „Hot Motion“ auch mehr Lavalampe als Vulkan sein, demonstrieren diese zwölf Stücke dennoch, warum James Bagshaw einer der kreativsten Songschreiber seiner Generation ist. Wenige verstehen es, pro Song derart viele Wendungen unterzubringen wie in „The Beam“. Bag­shaws drei dominierende Themen sind weiterhin die Demaskierung autoritärer Politik, Mitläufertum und der weite Weg zur Selbsterkenntnis. Sie finden hier ihre Entsprechung in „Step Down“, „You’re Either On Something“ und „Context“.

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Eine Vorhaltung, die sich Retro-Künstler immer wieder gefallen lassen müssen, lautet: „Warum sollte ich euch hören und nicht gleich die Originale aus den Sechzigern?“ Nun wurde ihr Debüt vor fünf Jahren trotz seiner Nähe zu den Originalen bejubelt, während das zweite, poppigere, ambitioniertere, aber unterschätzte Album auf derart vernichtendes Desinteresse stieß, dass dieser dritte Streich schon fast wie eine letzte Chance erscheint. Warum jedoch sollten Temples sich an einem neuen Stil probieren? Mit dem alten sind sie noch lange nicht fertig. Sie ­machen also alles richtig und widmen sich dem Besten beider Welten.