Suicide :: American Supreme
Die New Yorker sind immer noch für ein bisschen Verstörung gut.
Kinder, waren das Zeiten. Als Suicide mit ihrem kühlen, harten Electro-Schock dem frühen Stammpublikum von The Clash und Elvis Costello gnadenlos in die Emo-Punk-Parade fuhren, anno 77/78 ein allemal verstörendes „Vergnügen“. Heute lassen sich Alan Vega und Martin Rev vor allem Zeit, zehn Jahre sind seit ihrem letzten Album „Y B Blue“ ins Land gegangen. Doch für ein bisschen Verstörung ist das New Yorker Duo auch in Zeiten wie diesen noch gut. Oder wieder?
Nachdem die Geister, die sie riefen, längst auf eigene Rechnung spuken, kann heute vieles natürlich nicht mehr so radikal wirken und gar bieder da, wo Suicide glauben, etwa an Techno andocken zu müssen („Death Machine“). Auch verschenken manche Tracks wie gleich der Noise-Funk-Opener „Televised Executions“ das nach wie vor wichtigste Suicide-Instrument, nämlich Vegas Paranoia-Stimme. Das doch recht spekulativ betitelte „Dachau, Disney, Disco“ gibt dabei immerhin noch eine akustische Gespensterkulisse ab.
Doch die besten Stücke sind die, in denen Vega mit bebender, flehender, zeternder Stimme drauflos barmen und bramarbassieren kann. Für „Beggin For Miracles“ entwickelte Rev dazu sogar einen überdurchschnittlichen Groove. „Train, train“, wimmert Vega auf den Tracks des „Misery Train“, die längst jedes Mysterium verloren haben. Das ist alternativer Chill-Out mit echtem Freeze-Faktor – eher zum Hochschrecken denn Wegdämmern.
Natürlich arbeiten sich Vega/ Rev in Zeiten wie diesen an ihrem Land ab. Auf dem Cover flattert eine US-Fahne im Wind, fahl, nicht leuchtend rot und blau, und auch nicht so lässig wie bei Bruce zu Jeans und Baseballcap. Suicide isolieren den American dream in knappen Sentenzen als „American Mean“. „Kiss ass“, empfiehlt Vega – Survival auf der Schleimspur. Suicide haben auch weit abseits davon überlebt. Irgendwie.