Sting

57th & 9th

Solide Rocksongs – was vielleicht mehr ist, als man erhoffen durfte

Stings Gegner fühlen sich ermuntert, sobald er sein Repertoire erweitert, etwa durch Fiddle-Folk („The Last Ship“) oder Renaissancemusik („Songs From The Labyrinth“). Dieser Studienreisende! Jetzt nimmt er denen, die ihn bekritteln, den Wind aus den Segeln. Denn „57th & 9th“ ist ein Rockalbum geworden: ­Gitarre, Bass, Schlagzeug, Klavier, knappe Songs, die Stimme klarer als zuletzt, weniger auf Samttiger getrimmt. Es geht um die eigene Sterblichkeit, aber auch – weitestgehend dezent – um Weltpolitik.

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Am stärksten ist das nach Prince’ Ableben geschriebene „50.000“. „Another one of our com­rades is taken down“, singt der 65‑Jährige. Ein Blick in den Spiegel zeigt dem auf Jugend getrimmten Sänger seine Falten, die den Tod ankündigen. Sting scheitert lediglich beim Versuch, so elegant wie einst Neil Young zu sinnieren: „Rock stars don’t ever die, they only fade away“. Oje!

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In „One Fine Day“, das den Klima­wandel als Ursache für Migration ausweist, macht Sting ohne erhobenen Zeigefinger fast alles richtig. Pop als ironischer Wink: Wie uns warmes Wetter doch einlullen kann! Allerdings kokettiert er, Sohn eines Milchmanns, wieder mit seiner bildungsfernen Herkunft. Sting versteckt sich, wie so oft in seinen Lyrics, hinter einem „Scientists say“, einem „History tells us“, statt selbst etwas zu sagen.

Arabeske?!

Der einzige Ausfall ist „Inshalla“, das vom Schicksal der Flüchtlinge erzählt, musikalisch begleitet von eigens engagierten orientalischen Musikern. Warum inszeniert Sting eine Arabeske? Soll sie zeigen, wie lässig der Brite sich in fremde Kulturen ­einfühlt? Der Deluxe-Edition des Albums ist eine „Berlin Session“ des Lieds beigefügt – was wohl heißt: unser Mann im hippen Zentrum euro­päischer Weichenstellungen.

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„57th & 9th“ ist, Sting hat’s ja selbst gesagt, eine Rockplatte. Zwar fehlen Hits und richtig große Melodien. Aber ihr Schöpfer macht sich als einer der wenigen Songwriter unserer Tage noch die Mühe, zwischen Strophe und Refrain eine Bridge zu setzen. Und von allen Stings bleibt der Rock-Sting der angenehmste. (Universal)