Starsailor
Silence is Easy
Capitol / EMI
If life is a carnival, can I say here a while?“, (ragt James Walsh zu Beginn ein bisschen verzweifelt, als wüsste er die Antwort nicht längst: Natürlich lassen wir ihn rein, natürlich darf er bleiben, solange er will. Für immer, meinetwegen. Er ist ein Schlawiner, dieser Walsh. Er wirkt so harmlos, weiß aber ganz genau, wie er einen einfangen kann. Gleich der erste Song, „Music Was Saved“, hat alles, was Starsailor ausmacht: eine überschwängliche Melodie, den rührenden, freilich pathetischen Gesang und einen Text, der irgendwie bedeutend scheint, aber keinen rechten Sinn macht. Man ist sofort hingerissen. „Love Is Here“ hieß das Debüt der Briten, aber erst jetzt ist sie wirklich angekommen. Jetzt traut sich Walsh in allen geliebten Gebieten noch mehr zu – klampft bestimmter, singt lauter und schreckt auch vor ganz großem Po(m)p nicht mehr zurück. Chris Martin, eat your heari out!
Wie ungeniert Walsh diesen Refrain von „Some Of Us“ singt, einem der wenigen Lieder, die schon während der letzten Tour entstanden sind: „Some of us laugh, some of us cry, some of us smoke, some of us lie, but it’s all just a way that we cope with our lives.“ Wir alle haben Fehler, wir alle kämpfen uns durch, wir alle sagen manchmal Platitüden – aber am schönsten singt sie eben Walsh (sorry, Franny!). Manche nennen ihn einen Dieb (weil einem alles so bekannt vorkommt und etwa“Silence Is Easy“ teilweise verdächtig nach „Give Peace A Chance“ klingt) oder Quäkfrosch, ich nenne ihn einen Romantiker. Wenn er mal daneben liegt oder übertreibt, dann doch bloß, weil er immer versucht, alles in einen Song zu legen -ohne Lässigkeit auch nur vorzutäuschen, ohne sich um Kitsch Sorgen zu machen.
Zwei Tracks hat Phil Spector produziert – und es war wohl eine schlaue Entscheidung der Band, den Rest dann lieber dem zurückhaltenderen Danton Supple zu überlassen. Der Titelsong ist ja noch wenig auffällig, aber diese bombastischen Streicher bei „White Dove“ nerven doch sehr. Selbst bei Starsailor gibt es ein Zuviel. Die großangelegten Stücke funktionieren ohnehin nicht so gut wie die leichteren, scheinbar locker hingeworfenen. Das gewaltige „Four To The Floor“ ist zwar ein Ohrwurm, aber auch ziemlich stupide. Und „Born Again“ überschreitet die Grenze zum Schwulst. Aber deshalb wirft man Walsh nicht raus. Man darf ja nicht vergessen, dass dies das zweite Album der Band und der Kerl erst 22 Jahre alt ist – der wird noch viele, viele Jahre bei uns rumhängen. Und das ist keine Drohung. (Veröffentlichung am 15. September)