Sparks
Hello Young Lovers
Eklektischer Rumdumschlag durch die Geschichte des eher peinlichen Pop
Die Sparks sind unecht, unernst und unfaßbar. Man könnte sagen, ihnen fehle die Substanz. Doch das kann man ihnen genauso wenig vorwerfen wie Elvis seine weiße Haut, Klaus Nomi seine hohe Stimme oder Mick Jagger seine Misogynie, denn darum geht es ja gerade.
Die Sparks-Übersingle „This Town Ain’t Big Enough For Both Of Us“ vom Über-Album „Kimono My House“ war pure Dialektik, vereinte das Teuflische (Rom Mael) und die naive Schönheit (Bruder Russell) auf perfideste Weise, ist der Punkt im musikalischen Diskontinuum, an dem sich ABBA, Franz Ferdinand und Queens „Bohemian Rhapsody“ treffen. War natürlich alles noch gar nicht erfunden, als der Song 1974 erschien. Danach machten die Sparks allerlei Mumpitz und Zeitgeistiges, hatten immer mal wieder große Momente etwa „Angst in My Pantx“ und diverse Singles -, versuchten in den 90er Jahren (vergeblich) die besseren Pet Shop Boys zu sein, und vor zwei Jahren erschien dann „Lil´Beethoven“, eine beatlose, wundervoll unseriöse Kammermusik, die durch lyrische Repetition dann doch das Tanzen anfing. Die Steicher waren naturgemäß programmiert.
Der Nachfolger „Hello Young Lovers“ ist nicht weniger eklektisch. Ein Rundumschlag durch die Geschichte des Pop vor allem der peinlichen Momente. Zu Beginn uneigentliches Opernpathos in einem Song über – nun ja – Beischlaf. Dann eine typische Sparks-Kehre, unwiderstehlich: „Perfume“ – hypnotischer Kammer-New-Wave. Alex Kapranos würde töten dafür. Zwischen den melodramatischen Glam-Nummern „The Very Next Flight“ und „Rock Rock Rock“ eingezwängt: „(Baby, Baby) Can I Invade Your Country“, das sich wie ein Protestsong-Versuch der Village People anhört. Urkomisch. Wie auch „Metaphors“: „Use them wisely, use them well/ And you’ll never know the hell of loneliness… Ctucks dig, dig, d-i-g, dig, dig metaphors“. „Waterproof“ ist eine Monty Python-Version von Andrew Lloyd Webber, der wahnwitzige Katzenjammer“Hey Kitty“ klingt wie Queen als Barbershop-Quartett, „There’s No Such Thing As Aliens“ ist wieder schräge „Lil´Beethoven“-Kammermusik.
Den Höhepunkt – da sind sie dann doch ganz konventionell – setzen die Sparks aber am Ende: „As I Sit Down To Play The Organ At The Notre Dame Cathedral“. Prog-Gospel mit Kirchenorgel und „Hallelujah“-Chören. Herrlich. „I got faith, I got a deep abiding faith.“
Doch der Himmel ist leer in der Welt der Sparks. Selbstverständlich. (GUT/ROUGH TRADE)