Simone Felice
Simone Felice
V2/Soulfood VÖ: 30.03.2012
Simone Felice hat ein ereignisreiches Leben geführt in den vergangenen Jahren: Seine erste Tochter wurde geboren; als er die Felice Brothers verlassen hatte, denen er gemeinsam mit Bruder Ian vorstand, gründete er The Duke And The King, schrieb den Roman „Black Jesus“ und spielte Schlagzeug auf dem Avett-Brothers-Meisterwerk „I And Love And You“.
Ebenfalls in diese Zeit fiel indes eine traumatische Nahtoderfahrung: Im Sommer 2010 musste sich Felice einer schwierigen Operation am offenen Herzen unterziehen, nachdem ein seit der Kindheit bestehender Herzfehler immer wieder zu Komplikationen geführt hatte. Für Felice die zweite gesundheitliche Krise dieser Art, bereits mit zwölf wäre er beinahe an einem Aneurysma gestorben.
Zusammenfassend sollte man also meinen, dass der Mann eine Menge zu erzählen haben könnte, ja sollte. Und tatsächlich bezeichnet Felice sein erstes Soloalbum als das ganz große musikalische Bekenntnis, für das er all die Jahre Material und Erfahrungen gesammelt haben will. Leider ist die Dringlichkeit, die man hinter einer derartigen Ausgangslage vermuten sollte, jedoch nur selten zu spüren auf diesem Album. Musikalisch kommt der Songschreiber zu ähnlichen Schlüssen wie seine Brüder auf ihrem letzen und bislang besten Werk „Celebration, Florida“: Felice übt sich überwiegend in verhaltenen Meditationen, spielt einen sparsam instrumentierten, folkgrundierten Geister-Gospel aus dem Zwischenreich. Doch wo die Felice Brothers akzentuieren, behutsam Modernismen einpflegen und variieren, folgt Simone mehr oder weniger zehn langatmige Songs lang dem gleichen Grundmuster.
Mit dem sehr schönen „Hey Bobby Ray“ ist das musikalische Rezept der Platte im Wesentlichen ausformuliert. Das folgende, gemeinsam mit Mumford & Sons dargebotene „You & I Belong“ ist dann der eine Beitrag, der mit Schmiss und Aplomb daherkommt, wenngleich dies bisweilen religiös verbrämt geschieht. Der Rest, man muss es leider so sagen, ist ein ewiges Geleier und Geseier mit endlos repetierten Zeilen, die vermutlich Entschiedenheit suggerieren sollen, aber vielfach lediglich die Nerven strapazieren. Felice singt mit gefühliger Stimme über Sharon Tate, Courtney Love und die „New York Times“ und bedient sich dabei vielfach eindimensionaler Hippie-Phrasen und Plattitüden. Vielen dieser Songs gebricht es zudem an Struktur, es gibt quasi keine Refrains im traditionellen Sinne, mit einem Satz: Man fragt sich, was das Ganze soll.
Vor allem, weil Simone Felice natürlich eigentlich ein Guter ist: Als er die Felice Brothers verließ, war man bange, ob die Band den Aderlass verkraften würde, und wenigstens das erste Duke-&-The-King-Album war ein mitreißendes Stück Soft-Rock. Vielleicht ist er ja einer, der den ständigen kreativen Austausch mit anderen braucht – und dem auf diesem Album bisweilen ein Korrektiv fehlte.