Simian Mobile Disco
Temporary Pleasure
Aus der vierköpfigen Indie-Band Simian entwickelte sich ein DJ-Duo, über dem seit zwei Jahren unaufhörlich die Disco-Kugel kreiselt. Das Debütalbum „Attack Decay Sustain“ war eine einzige exzessive Party: ein von Techno, Euro-Dance und Rave gesäugtes Inferno, ein analoges Schaumbad mit eingebauter Bassmassage.
Mit „Temporary Pleasure“ sind James Ford und James Antony Shaw wieder ein Stückchen näher an das herangerückt, was man Songwriting nennt, ohne dabei das leidenschaftlich treibende, das Sich-im-Track-verlieren ihrer Musik zu verraten. Bis auf drei Instrumentals hat jedes Stück einen anderen Sänger. Der wie immer großartige Jamie Lidell gibt in „Off The Map“ den virilen Disco-Fuchs, angetrieben von einem Sequenzer-Rundlauf, der DAF, Bobby O. und Giorgio Moroder in einen überhitzten Whirlpool wirft. Fast noch besser ist das von Yeasayers Chris Keating gesungene „Audacity Of Huge“, die perfekte Balance zwischen erotisch aufgeladenem Teen-Pop und einem wie in Trance trommelnden Eingeborenenstamm, der auf der Festplatte eines MacBook Pro lebt. Ein paar Pet Shop Boys und Village People singen den wunderbar schwulen Refrain.
„Cruel Intentions“ hat bereits einen ganz entscheidenden Startvorteil: Beth Ditto. Die Sängerin von Gossip klingt mehr denn je wie eine der ganz großen SoulFunkDisco-Diven. Während sich die Klangflächen wie Eisschollen aneinander reiben und die Obertöne der Synthesizer prasseln wie gefrorener Regen, lockt und sehnt Dittos Stimme, als wär‘s ein großes herzzerreißendes Melodram. Auch die Herren und Damen Gruff Rhys (Super Furry Animals), Alexis Taylor (Hot Chip), Young Fathers und Telepathé haben ihre Sache gut gemacht.
Insgesamt wirkt „Temporary Pleasure“ deutlich homogener und eigenständiger als der an zu vielen Honigtöpfen naschende Vorgänger. SMD haben nun so etwas wie einen eigenen Sound und Stil gefunden. Eine sehr rhythmische, an Disco und Detroit-Techno orientierte Musik, die auch melodischen Gesang elegant assimiliert. Und das nie bemüht, sondern immer so, als gäbe es dazu keine Alternative.