Ein Jahr ohne Ryan-Adams-Album wäre ein verlorenes Jahr gewesen. Aber der notorische Vielschreiber lässt uns nicht im Stich. An Halloween veröffentlicht er „Cardinology“, und offensichtlich hat er es diesmal endlich geschafft, die Plattenfirma zu überzeugen, dass die Cardinals auch ordentlich aufgeführt werden müssen. Sie sind längst mehr als eine Begleitband, sie sind zu Adams’ musikalischer Heimat geworden.

Viel mehr Heimat, mehr Sicherheit gibt es nicht auf „Cardinology“. Zwar beginnt das Album mit „Born Into The Light“ sanft und versöhnlich, die Pedal-Steel-Gitarre weist den Weg. Doch schon das härtere „Go Easy“ kippt in Richtung Verzweiflung, wenn Adams immer wieder beschwört: „I will always love you/ So go easy on yourself/ Go easy…“

Auf „Fix It“ wäre auch Neil Young stolz, es geht um Zurückweisung und die Unmöglichkeit des Neuanfangs. Die Liebe, ein Scherbenhaufen. Das darauffolgende „Magick“ überrascht mit Def-Leppard-artigen Riffs und recht stumpfem Rock. Dreh das Radio auf, schüttel deinen Körper – so wird hier Magie definiert. In jeder überdrehten Zeile spürt man Adams‘ Liebe zur Musik, den anscheinend niemals endenden Spaß am Spielen.

„Cobwebs“ ist wieder ruhiger, gespenstisch fast – passt also perfekt zum Veröffentlichungstermin. Auch im weiteren Verlauf schwankt Adams ständig zwischen schwermütigen Midtempo-Stücken und eher fidelen Stampfern, zwischen Americana und Rock. Beides kann er, Ersteres berührt einen immer ein bisschen mehr, weil er dann so schön sehnsüchtig singt und die Cardinals, vor allem die Gitarristen Neil Casal und Jon Graboff, genau wissen, wann sie auftrumpfen oder sich besser zurückhalten sollten.

So wird das beseelte „Evergreen“ nur ganz zart gezupft, das schwärmerische „Like Yesterday“ dagegen schon etwas kraftvoller instrumentiert, bis „Stop“ den Schlusspunkt setzt – mit ein bisschen Piano und sehr viel Weltschmerz.“There is a darkness and there is a light/ And there is a choice“ singt er, doch man bekommt das Gefühl, dass Adams sich stets im Grenzbereich aufhalten wird.

Im November wird Ryan Adams 34. Er hat, wenn alles gut geht, bis zur Rente also noch etwa 33 Alben vor sich. Ich freue mich auf jedes einzelne.